Um die Öffentlichkeit auf die vermeintlich klimaschädlichen Geschäfte der Schweizer Großbanken aufmerksam zu machen, errichteten Klimaaktivisten Sitzblockaden vor den Eingangstüren zweier Banken. Nun drohen den Protestlern neben Geldbußen und Landesverweisen sogar Haftstrafen. Insbesondere in der Schweiz sorgt der Fall aktuell für große Diskussionen.
Mehr als hundert Klimaaktivisten hatten sich am Morgen des 8. Juli vor den Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS zusammengefunden. Bekleidet mit weißen Arbeitsoveralls und Mundschutz und ausgestattet mit Rädern, Blumenkübeln und Kohle, wollten sie durch eine Sitzblockade die Eingänge der beiden Banken versperren.
Von den Protestaktionen in Zürich und Basel versprachen sich die Aktivisten Aufmerksamkeit für die Rolle der Krediinstitute in der aktuellen Klimakrise.
Organisator der Aktionen war das Schweizer Kolletiv "Collective Climate Justie", das für eine globale Klimagerechtigkeit kämpft.
In einer Mitteilung der Organisation erklären die Aktivisten: „Credit Suisse und UBS sind die Hauptverantwortlichen des Schweizer Finanzplatzes für die weltweite Klimakatastrophe.“
Durch die Finanzierung von klimaschädlichen Öl-, Kohle- und Gasförderprojekten, trügen die Banken einen wesentlichen Teil zur Klimaerwärmung bei.
Der Austritt aus diesen Projekten sei deshalb unumgänglich und eine der entscheidenden Forderungen.
Die Stellungnahme der Banken
Beide Banken widersprechen den Vorwürfen. Nach Angaben der FAZ kommentierte eine Sprecherin der UBS, dass das Kreditinstitut keine neuen Kohlekraftwerke finanziere und auch die finanzielle Unterstützung klimaschädlicher Firmen stark verringert habe.
Die Credit Suisse arbeite zeitgleich an Strategien, um Kunden beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaschonenen Wirtschaft zu unterstützen. Die Bank sei sich ihrer Verantwortung innerhalb der aktuellen Klimakrise bewusst und engagiere sich zudem beim Ausbau erneuerbarer Energien.
Ulf Moslener, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management, beschäftigt sich in seiner Lehrer mit den Themen der Ökonomik des Klimawandels und der Finanzierung klimafreundlicher Energiesysteme. Auch er steht den Vorwürfen der Klimaaktivisten skeptisch gegenüber: Die Banken als Hauptverantwortliche zu beschuldigen, ginge einen Schritt zu weit, jedoch sei es trotzdem wichtig, sich der Rolle großer Institute innerhalb der Klimakriese bewusst zu sein:
„Kredit- und Finanzierungsentscheidungen von Banken haben ohne Zweifel einen Einfluss auf das, was Unternehmen der Realwirtschaft tun“, erklärte Moslener gegenüber der FAZ.
Banken erstatten Anzeigen gegen Aktivisten
Bereits wenige Stunden nach den Prostaktionen wurden die Barrikaden in Basel und Zürich durch die Polizei aufgelöst. 84 Aktivisten wurden vorläufig festgenommen, darunter auch 20 Deutsche.
Beide Banken erstatteten Strafanzeigen, weshalb einige der Aktivisten anschließend fast zwei Tage in Haft verbringen mussten.
Dies sei eine körperliche, vor allem aber auch phsychische Belastung gewesen, berichtet Moritz Benedix, einer der Deutschen, die an der Protestaktion in Basel teilgenommen hatten. Auch er wurde vorübergehend festgenommen und kritisiert nach Angaben der FAZ das harte Durchgreifen der Polizei:
„Im Gefängnis wurden wir ignoriert, keiner hat uns Informationen geliefert und wir durften niemanden anrufen“, verdeutlicht er.
Eine weitere Aktivistin beschuldigt im Gespräch mit dem Schweizer Tagesanzeiger einen Polizisten, ihr gesagt zu haben, sie habe keine Rechte, sei dumm und als Kind auf den Kopf gefallen.
In mehreren Mitteilungen berichtet auch das "Collective Climate Justice" von der schockierenden Behandlung durch die Justizbeamten und spricht hierbei von "Polizeigewalt", Beleidigungen, Einschüchterungen, sowie "grobe[r] Missachtung der Pressefreiheit".
Die Polizei weist diese Vorwürfe zurück.
Hohe Strafen für die Protestteilnehmer
In einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft, die der FAZ vorliegt, begründet die Justiz die langen Gefängnisaufenthalte von fast 48 Stunden mit den zeitaufwändigen Ermittlungen. Nicht nur sei zunächst unklar gewesen, wie sich jeder Einzelne schuldig gemacht habe, auch hätten die Aussageverweigerungen einer Aktivisten die Ermittlungen zusätzlich erschwert.
Nach Angaben des „Collective Climate Justice“ haben alle Teilnehmer der Aktion einen Strafbefehl wegen Nötigung und teilweise Hausfriedensbruch erhalten. Den Aktivisten in Basel werde zusätzlich Sachbeschädigung und Landfriedensbruch vorgeworfen.
„Unabhängig von der Beschuldigung beträgt das Strafmaß für alle 60 Tagessätze à 30 Franken“, schreiben die Klimaschützer in ihrer öffentlichen Mitteilung.
Das Strafmaß der Teilnehmer aus Basel falle laut der Stellungnahme der Organisation noch höher aus. Ein Großteil der Mitglieder musste mit einer Aufenthaltsperre für die Schweiz von bis zu drei Jahren rechnen.
„Mir drohen fünf Monate Gefängnis, das halte ich für unverhältnismäßig", kritisierte Benedix die Entscheidung der Justiz gegenüber der FAZ.
Er und einige weitere Aktivisten haben inzwischen Einspruch gegen ihren Haftbefehl eingelegt. Erst in den kommenden Monaten wird sich entscheiden, wie das gesamte Strafmaß aussehen wird und welche Konsequenzen folgen werden.
Trotz der hohen Strafen sei die Prostestaktion ein Erfolg gewesen, so Benedix: „In der Schweiz ist eine neue Diskussion entfacht, und die Banken sowie das Handeln der Polizei stehen in der Kritik.“ Er würde weiterhin an Prostestaktionen teilnehmen, sich aber in Zukunft eher im Hintergrund bewegen.
Geplant sind bereits weitere Aktionen: Im Sommer sollen in ganz Europa Klimacamps und weitere Prosteste stattfinden.
Im Video kannst Du mehr über die Protestaktionen erfahren:
Was ist Deine Meinung zu den Klimaaktivisten? Findest Du es gut, dass sich junge Leute für die Zukunft einsetzen oder kannst Du die Entscheidung der Justiz nachvollziehen? Lass uns Deine Meinung zu der Thematik wissen und diskutiere auch mit Deinen Freunden darüber.
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