Die USA diskutieren ernsthaft darüber, ob eine zweite Amtszeit von Donald Trumps das Land in eine Diktatur führen könnte. Er selbst will nur am "ersten Tag" Autokrat sein. Ein Blick auf seine Vorhaben zeigt, dass die Furcht berechtigt ist.
2015 haben sie noch gelacht, als er einen Mauerbau vorschlug, für den Mexiko zahlen sollte. 2016 waren sie sprachlos, als er aus Demonstranten die "Scheiße herausprügeln" lassen wollte. Und 2017 zogen sie vor Gericht, weil er als eine seiner ersten Amtshandlungen ein Einreiseverbot für Muslime erlassen hatte. Die Pläne von Ex-US-Präsident und voraussichtlich bald wieder Präsidentschaftskandidat Donald Trump waren früher oft bizarr, impulsiv und irritierend autoritär – woran sich auch im Jahr 2023 nicht viel geändert hat. Außer, dass er sie nochmal deutlich schärfer formuliert.
Trump will nur am ersten Tag Diktator sein
Keine Absichten zu verschleiern war und ist das Erfolgsrezept dieses Bewerbers ums Weiße Haus. Und die klingen mittlerweile so: Ein Diktator wolle er zwar nicht werden, "außer am ersten Tag. Wir schließen die Grenze und wir bohren, bohren, bohren nach Öl. Danach bin ich kein Diktator", antwortete Trump gerade auf eine entsprechende Frage in einer Diskussionsrunde. Soweit ist es im Land of the Free also gekommen: Die Möglichkeit einer Autokratie wird nicht nur diskutiert, der Möchtegern-Machthaber selbst kokettiert sogar offen damit.
Schon in seinem ersten Wahlkampf 2016 irritierte der Präsidentschaftskandidat mit der Forderung, seine damalige Kontrahentin Hillary Clinton wegen angeblicher E-Mail-Manipulationen einzusperren zu lassen. "Lock her up" lautete der Schlachtruf seiner Anhänger. Acht Jahre später giftet Trump nun deutlich aggressiver: Seine Gegner werde er wie "Ungeziefer ausrotten", kündigte er jüngst bei einem Auftritt in New Hampshire an. Wörtlich sprach er von "Kommunisten, Marxisten, Faschisten und linksradikalen Schlägern".
Gleiche Ausdrücke wie in Nazi-Deutschland
Joe Biden, Trumps Nachfolger als US-Präsident und in dessen Tirade mitgemeint, fühlte sich prompt zu einem Kommentar genötigt: "Hier werden die gleichen Ausdrücke wiedergegeben, die im nationalsozialistischen Deutschland verwendet wurden", sagte Biden. Auch wenn der Vergleich im ersten Augenblick drastisch anmutet – angesichts von Trumps geäußerten Rache- und Umsturzgelüste scheint er zumindest eine gewisse Rechtfertigung zu haben.
- Bereits im Sommer kündigte Donald Trump an, im Fall seiner Wiederwahl einen Sonderermittler zu ernennen, "der sich um den korruptesten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Joe Biden, und die gesamte Biden-Verbrecherfamilie kümmert". Der Ex-Präsident fühlt sich durch seinen Nachfolger und die US-Justiz persönlich verfolgt. Aktuell sind fünf Verfahren gegen ihn anhängig.
- Im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl 2020 forderte er auf seinem "Truth-Social"-Kanal sogar die "Aufkündigung der US-Verfassung". "Ein massiver Betrug dieser Art und Größenordnung führt zur Aufhebung aller Regeln, Vorschriften und Artikel, auch derjenigen, die in der Verfassung enthalten sind", schrieb er. Trump ist bis heute der Ansicht, seine Niederlage vor knapp drei Jahren sei nur durch Wahlfälschung möglich gewesen. Beweise dafür gibt es keine.
- Beinahe ein Klassiker in Trumps politischem Repertoire ist sein Kampf gegen (illegale) Einwanderung. Der Bau einer Mauer an der mexikanischen Grenze ist beinahe sprichwörtlich. In einer zweiten Amtszeit aber würde er wohl noch weitergehen: Um gegen mexikanische Drogenkartelle vorzugehen, wäre Trump sogar bereit, das US-Militär einzusetzen. Diese Idee verstieße allerdings gegen internationales Recht, es sei denn, die Regierung in Mexiko-Stadt gäbe grünes Licht geben. Was als ausgeschlossen gelten darf.
- Ebenso extrem ist Trumps Vorhaben, illegal eingereiste Einwanderer massenhaft abzuschieben. Millionen von Menschen könnten davon betroffen sein – es wäre ein beispielloser Vorgang in der Geschichte des Landes. Auch das Recht auf Asyl stünde zur Disposition, die automatische US-Bürgerschaft für neugeborene Kinder von undokumentierten Immigranten ebenso.
- Einen großen Rundumschlag gegen Behörden sollen Trump-Vertraute bereits im Hintergrund planen. Ziel soll laut der "New York Times" sein, dass der US-Präsident direkten Zugriff auf die Leitungsebenen bekommt, um sie mit Loyalisten besetzen zu können. Die aktuelle Regierung versucht derzeit, einen solchen Einschnitt für die Exekutive per Gesetz zu verhindern.
- In eine ähnliche Richtung geht das Vorhaben Trumps, die Teil-Unabhängigkeit des Justizministeriums vom Weißen Haus aufzuheben. Die Bundesbehörde ist seit dem Watergate-Skandal eine Art Zwitterwesen: Einerseits untersteht ihre Führung dem US-Präsidenten, als oberste Anklagebehörde des Landes aber ist sie vom Weißen Haus unabhängig. Zwei der fünf Klagen gegen Trump wurden vom US-Justizministerium und dessen Sonderermittler Jack Smith initiiert. Als US-Präsident könnte er dann die Verfahren gegen sich beenden.
Noch klingen Donald Trumps Ankündigungen und Pläne nach Allmachtsfantasien. Zumal er die kommende Wahl erst noch gewinnen muss. Und selbst danach dürfte er nicht sofort schalten und walten können. Einige seiner Vorhaben würden mutmaßlich vor dem Obersten Gerichtshof landen – wo dann aber die konservativen Richter die Mehrheit haben, alleine drei von ihnen hat Trump persönlich ernannt.
Regiert Donald Trump per Federstrich?
Rege in Gebrauch fast aller Präsidenten ist auch das Instrument des Exekutiverlasses. Per Federstrich kann das Staatsoberhaupt damit ohne die Zustimmung des Parlaments Dekrete anordnen. In seinen ersten Tagen im Amt hatte Trump rund 270 solcher Anordnungen erlassen – auch, um Führungsstärke zu demonstrieren. Problem an den Erlassen: Sie können jederzeit von anderen Regierungsorganen kassiert werden, so die denn wollen und Zweifel haben.
Wie weit Trumps Befugnisse gehen werden, hängt nicht zuletzt von der Zusammensetzung der beiden Parlamentskammern ab. Sollten sowohl im Repräsentantenhaus als auch in Senat Trumps Republikaner die Mehrheit erringen, kann er als Chef im Weißen Haus durchregieren. Mutmaßlich dürfte es in dem Fall kaum noch jemanden auf politischer Ebene geben, der sich dem "Diktator" entgegenstellen wird.
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