Eine Impfung gegen das Coronavirus senkt das Risiko für Erkrankungen und schwere Verläufe. Nicht alle Geimpften profitieren gleichermaßen: Eine Studie zeigt, welche Personen trotz vollständiger Impfung auf eine Behandlung im Krankenhaus angewiesen waren.
Zwei Wochen nach der zweiten Impfung gelten Menschen als vollständig geimpft. Für viele ist das mit einem Gefühl der Erleichterung verbunden. Geimpfte haben nicht nur ein geringeres Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken und daran zu erkranken. Im Falle einer Infektion entwickeln sie zudem seltener schwere Verläufe als Ungeimpfte.
Dennoch gibt es Hinweise, dass nicht alle Geimpften gleichermaßen von dem Immunschutz durch die Impfung profitieren. In seltenen Fällen kann es zu sogenannten Impfdurchbrüchen kommen.
Bei Älteren, immunsupprimierten Menschen und teilweise auch Krebspatienten fällt die Immunantwort nach der Corona-Impfung schwächer aus, zeigen Studien. Forschende, unter anderem von der Berliner Charité, werten das als Erklärung dafür, warum trotz zweifacher Impfungen weiterhin Corona-Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen beobachtet werden. Um Menschen in diesen vulnerablen Bereichen weiterhin bestmöglich zu schützen, hatten Forschende zuletzt immer wieder die Möglichkeit einer Drittimpfung ins Spiel gebracht.
Studie aus Israel
Eine Studie mit Krankenhausdaten aus Israel untermauert nun, welche Personengruppen möglicherweise besonders von einer Auffrischungsimpfung profitieren könnten. Forschende werteten dafür die Daten von 152 Patientinnen und Patienten in Israel aus, die mit dem Coronavirus infiziert waren und in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Die Studie erschien im Fachblatt "Clinical Microbiology and Infection" (CMI).
Alle Patientinnen und Patienten hatten den Impfstoff von Biontech/Pfizer erhalten. Die zweite Dosis lag mindestens sieben Tage zurück. Andere Impfstoffe wurden in der Studie nicht untersucht, da in Israel fast ausschließlich das mRNA-Vakzin zum Einsatz kommt. Das mittlere Alter (Median) lag bei rund 71 Jahren – was bedeutet, dass die eine Hälfte der Patientinnen und Patienten jünger war, die andere älter. Die meisten von ihnen waren Männer (70 Prozent). Ein Viertel der Erkrankten stammte aus einem Pflegeheim (25 Prozent).
Die Forschenden stellten fest, dass eine große Mehrheit der schwer Erkrankten unter bestehenden Komorbiditäten litt, also weiteren Erkrankungen. Bekannt ist bereits, dass bestimmte Komorbiditäten das Risiko für schwere Corona-Verläufe erhöhen. Am häufigsten wurde Bluthochdruck beobachtet (71 Prozent), gefolgt von Diabetes (48 Prozent), Herzschwäche (27 Prozent), chronische Nieren- und Lungen-Krankheiten (jeweils 24 Prozent), Krebs (24 Prozent) und Demenz (19 Prozent). 40 Prozent der Patientinnen und Patienten nahmen zudem Medikamente, die ihr Immunsystem unterdrückten. Solche Medikamente sind beispielsweise nach Organtransplantationen üblich.
25 Prozent, also rund jeder Vierte, musste an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden. 34 der 152 Patientinnen und Patienten starben. Das entspricht einer Rate von 22 Prozent. Lediglich sechs der 152 Patientinnen und Patienten waren abgesehen von ihrer akuten Corona-Erkrankung gesund. Das entspricht einem Wert von vier Prozent.
Eine Frage, die die Studie nicht in jedem Fall beantworten kann, ist, ob einzelne Personen wegen ihrer bestehenden Vorerkrankungen oder wegen ihrer Covid-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden mussten. Rund ein Drittel der Betroffenen war nicht schwer an Covid-19 erkrankt, schreiben die Forschenden. Das legt nahe, dass sie wegen anderer Umstände in der Klinik behandelt werden mussten und es sich bei ihnen nicht um Impfdurchbrüche handeln könnte. Zudem war die Zahl der Patientinnen und Patienten in der Studie recht klein. Es können auch keine Rückschlüsse darüber getroffen werden, wie häufig sogenannte Impfdurchbrüche auftreten.
Dritte Impfdosis
Die Daten würden zeigen, wo eine dritte Impfdosis eingesetzt werden müsste, kommentierte dagegen SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die Veröffentlichung auf Twitter. Nicht für alle Patientinnen und Patienten lagen Daten dazu vor, an welcher Virusvariante sie erkrankt waren. Bei immerhin 40 Personen konnte allerdings nachgewiesen werden, dass sie sich mit der Virusvariante Alpha (B.1.1.7) angesteckt hatten. Mittlerweile ist in dem Land – wie andernorts auch – die Delta-Variante stark verbreitet.
Pandemie
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Zielgenau in Sofia
Als im Dezember die ersten Menschen zur Impfung gerufen wurden, fackelte Bischof Tikhon von der bulgarisch-orthodoxen Kirche nicht lange. Als Zweiter bekam er in Sofia den Impfstoff von Pfizer/Biontech in den Arm. Inzwischen hat die Impfkampagne in Bulgarien längst an Power verloren. Immer weniger Menschen wollen sich impfen lassen. Im April krempelten in dem Land noch täglich etwa 25.000 die Ärmel hoch, im Juni nur noch 8.000. Tausende Impfstoffdosen drohen zu verfallen. Allein in Bulgarien läuft im Juli die Haltbarkeit von 20.000 Dosen laut einem Bericht von "Bloomberg" ab. "Da Bulgarien und damit wir alle für diese Dosen mit unseren Steuern bezahlt haben, schlagen wir vor, sie zu nutzen, um den Impftourismus anzuregen", zitierte das Blatt Polina Karastojanowa vom Tourismusverband.
In Israel kommen Drittimpfungen bei bestimmten Personengruppen bereits zum Einsatz, darunter Menschen, die eine Herz-, Lungen- und Nierentransplantation hinter sich haben, ebenso einige Krebspatienten. In Israel wurden viele Menschen bereits Anfang des Jahres geimpft. Es gibt erste Hinweise, dass der Impfschutz mit der Zeit nachlässt.
Delta schmälert Wirksamkeit
Experten sehen zudem Anzeichen dafür, dass aktuelle Impfstoffe gegen die zuerst in Indien entdeckte Variante Delta etwas weniger wirksam sind. Die Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer wollen deshalb bald die Zulassung für die Verabreichung einer dritten Dosis ihres Corona-Impfstoffs beantragen, wie kürzlich bekannt wurde. Die Auffrischungsimpfung könnte dann nach einem halben Jahr verabreicht werden.
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC äußerte sich bislang aber zurückhaltend zu der Frage, ob pauschal eine dritte Impfung gegen das Coronavirus notwendig sei. Bürgerinnen und Bürger, die vollständig geimpft seien, benötigten derzeit keine Auffrischungsimpfung, hieß es zunächst.
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