Die Nachwuchsorganisation Junge Alternative der AfD wurde vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen zum rechtsextremistischen Verdachtsfall erklärt – so wie etliche Gruppierungen innerhalb der Partei. Aber wer steht da genau auf der Liste?
Nun auch die Jugendorganisation der Alternative für Deutschland (AfD) in Nordrhein-Westfalen (NRW): Der Verfassungsschutz des bevölkerungsreichsten Bundeslandes stuft den Landesverband der Jungen Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. "Es liegen verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Junge Alternative nicht nach demokratischen Spielregeln spielt, sondern das eigene rechtsextremistische Regelwerk vorzieht", teilte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag mit. Mit der Entscheidung kann der Inlandsgeheimdienst die Parteigliederung nun auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen, also zum Beispiel Informanten anwerben oder Observationen durchführen. Diese dürfen sich jedoch nur auf außerparlamentarische Aktivitäten beziehen, weil Bundestags- oder Landtagsabgeordnete Immunität genießen.
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass der Inlandsgeheimdienst eine Gliederung der AfD als verfassungsfeindlichen Verdachtsfall einstuft. Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, dass seine Behörde den Rechtsextremismus als zurzeit größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik betrachtet. Inzwischen werden bundesweit etliche Teilorganisationen der AfD als rechtsextremistische Verdachtsfälle eingestuft und entsprechend beobachtet – einzigartig in der deutschen Parteienlandschaft. Der Überblick:
AfD-Landesverbände im Fokus des Verfassungsschutzes
Drei der 16 AfD-Landesverbände gelten laut den jeweiligen Verfassungsschutzämter als gesichert rechtsextrem, darunter auch der als besonders radikal geltende thüringische Verband von Landesparteichef Björn Höcke. Fünf weitere Landesverbände werden als Verdachtsfälle geführt.
Um die Einstufung der Bundespartei hatte es in den vergangenen Jahren ein juristisches Hickhack gegeben. Gerichtlich wurde dem BfV verboten, die Partei öffentlich als "Prüffall" zu bezeichnen, inzwischen ist die Bundes-AfD ebenfalls zu einem Verdachtsfall geworden und darf beobachtet werden, wenngleich die Partei auch dagegen gerichtlich vorgehen will.
Junge Alternative im Fokus des Verfassungsschutzes
Wo eine Partei ist, ist auch eine Jugendorganisation. Im Fall der AfD ist dies die JA für Mitglieder zwischen 14 und 36, laut "Spiegel" sind es etwa 2100. Die JA ist damit eine der größten Vereinigungen innerhalb der Partei – und ebenfalls in gleich mehreren Bundesländern von besonderem Interesse für die Geheimdienste. Die jüngste Einstufung der NRW-JA als rechtsextremistischen Verdachtsfall ist die sechste ihrer Art. Drei JA-Landesverbände gelten für die Verfassungsschutzämter darüber hinaus als gesichert rechtsextrem.
Das BfV hält die JA für gesichert rechtsextremistisch. Es gebe keine Zweifel, dass die AfD-Jugendorganisation verfassungswidrige Ziele verfolge.
Weitere AfD-Gruppierungen im Fokus des Verfassungsschutzes
Bis zu seiner (zumindest offiziellen) Auflösung wurde auch die völkisch-nationale Gruppe Der Flügel innerhalb der AfD als Verdachtsfall nachrichtendienstlich beobachtet. Ihr wurden bis zu 7000 Anhängerinnen und Anhänger zugerechnet. Führungsfiguren waren mit Björn Höcke und Andreas Kalbitz unter anderem zwei rechtsextreme Politiker. Da es sich beim Flügel um einen eher informellen Kreis handelte, ist eine tatsächliche Auflösung schwer nachzuweisen. Der Verfassungsschutz hat keine Erkenntnisse veröffentlicht, die auf eine Einstellung der Aktivitäten hinweisen.
Insgesamt geht das BfV laut Verfassungsschutzbericht 2022 davon aus, dass rund 10.000 Mitglieder der AfD, also knapp ein Drittel, extremistisch sind.
Die AfD kritisiert das Vorgehen der Geheimdienste immer wieder als politisch motiviert und sieht sich in ihren (Grund-)Rechten als Oppositionspartei beschränkt. Mehrere Gerichtsverfahren gegen die Einstufungen der Verfassungsschutzämter sind noch offen. Die Behörden sind gehalten, ihre Bewertungen anhand objektiver Kriterien vorzunehmen und haben diese – zumindest in Teilen – auch in ihren jährlichen Berichten öffentlich gemacht.
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