Großbritannien verzeichnet derzeit eine 7-Tage-Inzidenz von über 250. Trotzdem sollen bald sämtliche Corona-Schutzmaßnahmen fallen. Was denkt Premier Johnson sich dabei?
Inhalt
- Goodbye Abstandsregeln, Maskenpflicht & Co.
- Großbritannien: Rekord-Inzidenz
- Hält die „Wand der Impfstoffe“?
Premierminister Boris Johnson hat Berichten zufolge einen Plan: Ab dem 19. Juli 2021 soll der Großteil der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen außer Kraft gesetzt werden. Es sei Zeit, dass die Bevölkerung lerne, sich selbstständig vor dem Coronavirus – und der derzeit grassierenden Delta-Variante – zu schützen.
Ein über die Maßen ungewöhnlicher Schritt, wenn man die aktuelle Infektionslage in England bedenkt.
Goodbye Abstandsregeln, Maskenpflicht & Co.
Wie unter anderem die „Daily Mail“ berichtet, wird Johnson heute Nachmittag auf einer Pressekonferenz das Aus der meisten Corona-Schutzmaßnahmen in Großbritannien erklären. Abstandsregeln, Maskenpflicht, Kontaktnachverfolgung und Home Office wären damit Geschichte, voll besetzte Theater, Kinos und Konzertsäle, Partys in Clubs und Bars sowie XXL-Hochzeiten hingegen wieder möglich. Die beiden Halbfinals und das Finale der EM im Londoner Wembley Stadion lässt man vor 60.000 Menschen auf den Rängen austragen.
Ein Kollege Johnsons hatte bereits am Sonntag erklärt, dass jede Bürgerin und jeder Bürger Großbritanniens in Zukunft eigenständig entscheiden solle, ob sie oder er beim Einkaufen eine Maske tragen möchte.
Grundsätzlich wolle der Premier die Lockerungen „vorsichtig, aber unwiderruflich“ umsetzen. Johnson setzt dabei auf den gesunden Menschenverstand seiner Landsleute: „Die Fälle werden in den kommenden Wochen zunehmen“, betonte er vor der Pressekonferenz. „Während wir lernen, mit dem Virus zu leben, müssen wir weiterhin die Risiken durch COVID handhaben und diese im Alltag selbst einschätzen.“ Boris Johnson ist sich sicher: Man könne mit Corona eines Tages genauso selbstverständlich leben wie mit der Grippe.
Großbritannien: Rekord-Inzidenz
Die offiziellen Corona-Zahlen aus England lassen die Lockerungen beinahe wahnsinnig erscheinen. Am 5. Juli zählt UK 257,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche und liegt damit auf Platz 2 der europäischen Länder mit den meisten Corona-Infektionen. Nur Zypern hat mit 328,3 eine höhere Inzidenz. Zum Vergleich: Deutschland liegt am selben Tag bei einer 7-Tage-Inzidenz von 5, die Slowakei bei 2,7 und Island bei 0.
Vor wenigen Wochen hatte Großbritannien mit einer Inzidenz von 20 noch ganz gut dagestanden im internationalen Vergleich. Inzwischen aber wütet die sich schnell verbreitende Delta-Variante auf der Insel und treibt die Infektionszahlen nach oben.
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Hält die „Wand der Impfstoffe“?
Das Einzige, das für Englands Weg aus der Pandemie spricht, ist die solide Impfquote des Landes. Rund 63 Prozent der Erwachsenen sind durchgeimpft, gut 86 Prozent haben die Erstimpfung erhalten. Aktuell sieht es so aus, als steige zwar die Zahl der Neuinfektionen, nicht aber die der Personen, die mit einer COVID-19-Infektion im Krankenhaus behandelt werden müssen – die gleiche Situation beobachtet Israel im Kampf gegen die Delta-Variante.
Doch ist das ein Grund dafür, die Schutzmaßnahmen zu lockern? Nicht, wenn es nach Prof. Christina Pagel vom University College London geht. Die Regierungsberaterin twitterte über das Vorhaben Johnsons: „Es sieht so aus, als wären wir das einzige Land, das alles gegen die Wand der Impfstoffe wirft und hofft, dass diese standhält.“
Boris Johnson hingegen nennt die „erfolgreiche Impfkampagne“ als Basis für das Ende der Corona-Schutzmaßnahmen. Man darf ihm und seinen Mitmenschen wünschen, dass er Recht behält.
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