Würdest du dein Neugeborenes in einen Karton zum Schlafen legen? Was für viele zunächst nach Not und Elend in den ärmsten Regionen dieser Welt klingt, ist für die Finnen ganz normal. Bereits seit über 80 Jahren erhalten dort frischgebackene Eltern nämlich einen ganz besonderen Pappkarton: das sogenannte „Äitiyspakkaus“ (Mutterschaftspaket).
In diesem Pappkarton befinden sich allerhand nützliche Gegenstände wie Kleidung, Lätzchen und Windeln. Neuerdings sind in dem Carepaket auch Kondome enthalten, um dem Mythos entgegenzuwirken, dass Frauen in der Stillzeit nicht schwanger werden könnten. Das begehrteste Objekt bei den Eltern ist aber der Karton selbst. Denn dieser lässt sich mit einer mitgelieferten Matratze im Nullkommanix in ein Babybett verwandeln.
Statt des Carepakets könnten sich die Eltern auch 140 Euro bar auf die Kralle geben lassen. Das Geld nehmen aber nur 5 % der Finnen entgegen, so beliebt ist das Babybett aus Pappe. Diese 3 Gründe sind für die finnischen Eltern dabei entscheidend:
1.) Unschlagbar günstig
Im Vergleich zu Wiege, Stubenwagen oder Beistellbett ist ein simpler Karton ein unschlagbar günstiger Schlafplatz für die ersten Babymonate. Zudem nimmt ein Karton kaum Platz weg, was ihn gerade für kleine Schlafzimmer bestens eignet.
2.) Sicherheit durch Handlichkeit
Den Babykarton kann man in der Wohnung überallhin mitnehmen: Egal, ob im Bad, in der Küche oder im Wohnzimmer – immer hat man das schlafende Baby im Blick. Er ist leicht und handlich. Vor allem passt er aufgrund seiner geringen Größe bequem neben das Elternbett, was die Sicherheit der kleinen „Würmchen“ erhöht. Denn beim kräftezehrenden Stillen in der Nacht sind viele Eltern irgendwann zu erschöpft, das Baby zurück in die Wiege zu legen – das Baby schläft einfach im Bett der Eltern weiter, wodurch die Gefahr besteht, dass sich ein Elternteil im Schlaf auf den Säugling dreht und ihn erstickt.
Natürlich gibt es heutzutage auch Babybalkone, die man sich ans Elternbett hängen kann. Der einfache Karton tut es aber auch.
3.) Geringeres Risiko für plötzlichen Kindstod
Das Hauptargument für das Kartonbett liegt heutzutage jedoch in einem anderen Aspekt. Der schlichte Karton senkt nämlich das Risiko für den plötzlichen Kindstod. Seit die Finnen im Jahr 1938 anfingen, ihre Babys in Kartons zu legen, fiel die Kindersterblichkeit von 65 auf 1,7 Todesfälle je 1.000 Geburten (Stand 2018. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Quote bei 3,7). In der EU ist Finnland damit absoluter Spitzenreiter.
Sicher ist auch die gute medizinische Versorgung dafür verantwortlich, dass Finnland von der Kinderrechtsorganisation „Save the Children“ als „Bester Ort, um auf dieser Welt Mutter zu sein“ ausgezeichnet wurde. Doch ist nicht zuletzt der Schlafkarton der entscheidende Faktor, um dem plötzlichen Kindstod vorzubeugen: Er ist kühl, schützt aber vor direkter Zugluft, er besitzt weder Nestchen noch Kissen, welche die Atmung beeinträchtigen und zu einem Hitzestau führen könnten, und die feste Matratze gibt nur wenig nach. Die festen, glatten Seitenwände des Kartons gewährleisten, dass immer genug Luft an Mund und Nase kommt, selbst wenn sich das Baby zur Seite dreht.
Vorbeugung gegen plötzlichen Kindstod
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Ursprünglich waren die finnischen „Äitiyspakkaus“-Kartons dazu gedacht, allen Kindern gleiche Startchancen zu bieten und die Mütter zu Vorsorgeuntersuchungen zu bewegen. Die praktische Kiste erhielt man nämlich nur dann, wenn die schwangere Mutter frühzeitig beim Gynäkologen vorstellig geworden war. Heute sind die Babykartons aus Finnland ein immer größerer Trend. Zahlreiche Kommunen in den Vereinigten Staaten, in Kanada, Mexiko und Schottland haben das Konzept übernommen. Selbst Prinz William und Herzogin Kate haben 2013 für ihren George einen finnischen Karton erhalten – genauso wie die schwedische Kronprinzessin Victoria und ihr Prinz Daniel ein Jahr zuvor.
Ein Baby in einen Karton betten: Was sich seltsam anhört, scheint eine simple, aber clevere Idee zu sein. Selbstverständlich ist der Babykarton nicht die einzige Möglichkeit, sein Neugeborenes in der ersten Zeit günstig, handlich und sicher schlafen zu legen. Das finnische Programm könnte allerdings auch hierzulande Schule machen.
Und was denken Sie daran ?