Im Fall der getöteten Tabitha aus Asperg liegt der Polizei der Obduktionsbericht vor. Der Bürgermeister der Kleinstadt bei Ludwigsburg zeigt sich tief betroffen.
Der Verdächtige sagt nichts. "Er macht umfassend von seinem Schweigerecht Gebrauch", sagt eine Polizeisprecherin am Dienstagvormittag dem stern. Dabei gibt es viele Fragen an den 35-jährigen Mann. Denn die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die 17-jährige Tabitha aus Asperg bei Ludwigsburg (Baden-Württemberg) getötet zu haben.
Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft. Die Beweise gegen ihn dürften also gewichtig sein. Der Haftbefehl laute auf Totschlag, so Staatsanwalt Aniello Ambrosio im Gespräch mit dem stern. Es könne aber sein, dass sich der Vorwurf noch zu Mord ändert. "Das müssen die Ermittlungen zeigen."
Obduktionsbericht zu Tabitha aus Asperg erwartet
Möglicherweise bringt dabei der Obduktionsbericht Klarheit. Er liegt den Behörden schon vor, erste Details wollen sie jedoch erst am Dienstagnachmittag veröffentlichen. Bisher ist kaum etwas bekannt zu dem, was Tabitha widerfahren und wie sie getötet worden ist.
Die 17-jährige verließ vor einer Woche nachmittags das Haus ihrer Eltern in der Stadt mit ihren 13.000 Einwohnerinnen Einwohnern am Fuße des Hohenaspergs. Sie wollte mit dem Linienbus zum Einkaufen ins benachbarte Ludwigsburg fahren. Nachdem Tabitha am Abend nicht nach Hause zurückgekehrt war, meldeten ihre Eltern sie als vermisst. Am vergangenen Freitag veröffentliche die Polizei einen Fahndungsaufruf samt Foto der Jugendlichen: "Wer hat die vermisste Person gesehen oder kann Hinweise zu ihrem Aufenthaltsort geben?" (Der stern berichtete.) Ob Tabitha zu diesem Zeitpunkt noch lebte, ist nicht bekannt.
Einen Tag später wurde der Verdächtige bereits festgenommen. Wie die Polizei ihm auf die Spur gekommen ist, will sie nicht verraten. "Aus ermittlungstaktischen Gründen", wie ein Sprecher sagt. Fest steht: Unter anderem mit einem Hubschrauber, Drohnen und Spürhunden sucht die Polizei am Wochenende die Gegend ab. Am Sonntagmorgen finden die Beamtinnen und Beamten eine Leiche, meldet zunächst die "Stuttgarter Zeitung". Tabithas Leiche, wie wenig später klar ist. Der Fundort ist in der Nähe des Klärwerks Leudelsbach, schreibt die "Bild"-Zeitung, keine fünf Kilometer von Tabithas Zuhause entfernt. Die Polizei sagt auch dazu zunächst nichts. Ermittlungstaktische Gründe.
Unter den Suchaufrufen in den sozialen Netzwerken herrschen nach dem Leichenfund Trauer, Entsetzen, Wut, Fassungslosigkeit. Der Bürgermeister von Asperg, Christian Eiberger, äußert, was viele denken: "Wir sind alle tief betroffen", sagt er dem stern. "Wir sind keine besonders große Stadt, da trifft ein solcher Fall alle Menschen." Die Einwohnerinnen und Einwohner haben sich dem Bürgermeister zufolge große Sorgen um Tabitha gemacht und hatten die starke Hoffnung, dass sie lebend gefunden wird. "Viele kannten sie. Die traurige Gewissheit nun sorgt für Bestürzung." Er sei mit den Gedanken bei der Familie des Opfers, so Eiberger, und hoffe dass sie mit dem Verlust irgendwann irgendwie zurechtkommen wird.
Polizei Ludwigsburg bittet um Hinweise zu BMW
Doch auch Hass und Hetze brechen sich Bahn. Weil der Verdächtige syrischer Staatsbürger ist, häufen sich fremdenfeindliche Beiträge in den sozialen Netzwerken. Auch Altkanzlerin Angela Merkel wird wegen ihrer Migrationspolitik zur Zielscheibe. "Gegebenenfalls wird das auch strafrechtlich verfolgt", teilt die Polizei in Ludwigsburg dem Portal "T-Online" mit Blick auf die Kommentare mit. Ob der 35-jährige Beschuldigte bereits vorbestraft ist, wie lange er schon in Deutschland ist und welchen Aufenthaltsstatus er hat, wollen die Ermittlerinnen und Ermittler auf stern-Anfrage nicht sagen.
Wann nennt der stern die Nationalitäten von Tatverdächtigen?
Immer wieder sorgt die Frage, ob die Nationalitäten von Tatverdächtigen genannt wird, für Diskussionen. Grundlage für die jeweiligen Entscheidungen der stern-Redaktion sind die Richtlinien 12 und 12.1 des Pressekodex:
"Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden."
"In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte."
Reine Neugier ist dabei kein geeigneter Maßstab für presseethisch verantwortliche Abwägungsentscheidungen.
Sie hoffen stattdessen auf Hinweise zu einer graubraunen BMW-320-Limousine mit Ludwigsburger Kennzeichen (LB-NA 21). Den Wagen die Fahnderinnen und Fahnder bei dem Verdächtigen sichergestellt. Vielleicht ist das Auto jemanden nach dem 12. Juli aufgefallen? Er sei eventuell mit Tabitha und einem Mann besetzt gewesen. Die Kripo will die Zeit nach dem Verschwinden des Mädchens möglichst detailliert rekonstruieren.
Am kommenden Wochenende findet im Heimatort von Tabitha das Stadtfest statt, nach zwei Jahren Corona-Pause. Feierlaune erhoffte sich die Stadt. Doch es werde angesichts des Todes der jungen Aspergerin allenfalls ein "Festbetrieb mit angezogener Handbremse", wie Bürgermeister Eiberger sagt. "Das Programm wird umgestaltet." So entfalle beispielsweise der feierliche Fassanstich zur Eröffnung des Festes und das Feuerwerk zum Abschluss sei ebenfalls gestrichen.
Und auch das Stadtoberhaupt und die Asperger Bürgerinnen und Bürger werden schweigen. "Wir werden mit einer Gedenkminute an Tabitha erinnern", kündigt der Bürgermeister hörbar betroffen an.
Und was denken Sie daran ?