Wut auf autonome Wagen: Feiernde fackeln in San Francisco unter Jubel ein Robo-Taxi ab

15.02.2024 11:39

San Francisco gilt als Testfeld für die Akzeptanz autonomer Taxen. Doch der Ärger der Einwohner wächst. Nun hat er einen dramatischen Höhepunkt erreicht. Ein Wagen des Anbieters Waymo brannte komplett aus.

Es sind Bilder, wie man sie sonst von gewaltätigen Ausschreitungen kennt. Mitten auf der Straße ruckelt eine große Gruppe junger Menschen an einem Auto, versucht die Scheiben einzuschlagen – unter dem Jubel der Zuschauer. "Setz den Scheiß in Brand", schreit jemand. Dann steht der Wagen in Flammen. Doch die Szene ist nicht Teil politischer Proteste oder eines Aufstandes. Sondern stammen aus einer Partymeile in San Francisco. Am Ende kann die Feuerwehr nur noch die komplett ausgebrannte Karosserie des zur Flotte des Betreibers Waymo gehörenden Roboter-Taxis löschen.

Was genau für die Zerstöungswut am Samstagabend sorgte, ist nicht ganz klar. Auf der Partymeile in China Town seien wegen des chinesischen Neujahrsfest mehr Leute unterwegs gewesen als sonst, scheibt die Lokalzeitung "SF Gate". Immer wieder sei es auf den eng mit Menschen gefüllten Seitenstraßen zu Blockaden für die durchfahrenden Autos gekommen, berichtet ein Beobachter gegenüber "The Autopian". Dann sei es passiert. "Es gab einen kleineren Stau mit einem Waymo an der Spitze. Dann hat sich ein Typ wie ein Wrestler in die Frontscheibe geschmissen, hat sie dabei gebrochen." Ab diesem Punkt eskalierte die Lage.
 

Waymo: Ärger über Robo-Taxen eskaliert

"Die Menge war geschockt", berichtet der Programmierer Michael Vandi, dessen Videos der Szenen viral gingen. "Es passierte etwa 30 Sekunden nichts. Dann sprang ein anderer Mann auf die Motorhaube." Die Menge habe zu johlen angefangen, die Vandalierer angefeuert. "Ab da wurde es wild. Einige versuchten, mit Skateboards die Scheiben einzuschlagen, andere schmierten Graffiti auf den Wagen." Die Szenen sind in Vandis Clips dokumentiert. Wie er hätten viele zu den Smartphones gegriffen um zu filmen, eingeschritten sei aber niemand. "Niemand hätte sich Dutzenden Menschen entgegen gestellt", zeigt der Beobachter dafür Verständnis.

Kurz nach Aufnahme der ersten Clips habe er sich lieber entfernt, weil jemand Feuerwerkskörper unter das Auto zu werfen begonnen hatte. Nur noch aus der Ferne hielt er fest, wie der Wagen lichterloh in Flammen stand – inmitten der weiter jubelnden Menschen. Die Feuerwehr bestätigt den Brand. Vermutlich hätten Feuerwerkskörper im Innern letztlich das Feuer ausgelöst, sagte ein Sprecher dem "San Francisco Chronicle". Der Wagen habe gerade jemanden abgesetzt, als es zu der Attacke kam, Menschen seien aber nicht zu Schaden gekommen. Die Retter posteten auch Bilder von den Löscharbeiten und dem völlig ausgebrannten Wrack.

Testfeld für selbstfahrende Taxen

Der genaue Anlass ist weiter strittig. "Die wollten nur etwas zerstören", gibt sich Augenzeuge Edwin Carungay gegenüber dem Lokalsender "ABC7" überzeugt. "Sie rasteten einfach vor Wut aus, ohne echten Anlass." Auch andere Zeugen sehen in erster Linie eine Gruppendynamik im Spiel. "Das war eine Mob-Mentalität. Das Adrenalin der Situation", berichtet Zeuge Nathan Vandersteen dem TV-Sender. "Das waren vor allem junge Teenager, die den Schaden veursacht haben."

Den Ärger über die selbstfahrenden Taxen teilt aber nicht nur die Jugend. Immer wieder klagen Einwohner über die negativen Auswirkungen der autonomen fahrenden Wagen, die zunächst nur Nachts, seit dem letzten Sommer aber auch tagsüber durch die Straßen San Franciscos Passagiere kutschieren dürfen. Die meist negativen Schlagzeilen produzierte in erster Linie der zu General Motors gehörende Konkurrent Cruise. Dessen Wagen legten gleich mehrfach ganze Stadtteile lahm, blockierten Noteinsätze und krachten sogar in Krankenwagen im Rettungseinsatz (hier erfahren Sie mehr). Im letzten Sommer musste Cruise seine halbe Flotte von der Straße nehmen, im Oktober wurde dann die Lizenz ganz entzogen. Erst nach der Sperre kam heraus, dass das Unternehmen wusste, dass seine Wagen Kinder schlecht erkennen – und sie trotzdem weiter auf die Straße geschickt hatte.

Der zu Googles Mutterkonzern Alphabet gehörende Konkurrent Waymo fiel in San Francisco bislang deutlich weniger negativ auf. Spätestens am Dienstag änderte sich das: Ein Waymo-Fahrzeug übersah einen Fahrrad-Fahrer, bügelte ihn regelrecht um. Zum Glück blieb er leicht verletzt. Ob das Ereignis auch in die Geschehnisse von Samstag einspielte, ist offen.

Noch keine Verdächtigen

Die Ermittlungen laufen nun, erklärten die Behörden. Zur Aufklärung könnte beitragen, dass die Sensoren und Kameras des Wagens die Täter teilweise aufgenommen haben, sagte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber "ABC7". In den Viral-Clips ist zu sehen, wie die Randalierer zwar ihre Gesichter vor den Kameras der Zuschauer abschirmten, dem Wagen wandten sich einige aber mit dem unverdeckten Gesicht zu. Bisher gibt es nach Angaben der Polizei allerdings keine Verdächtigen.

Wie groß der Schaden genau ist, lässt sich noch nicht einschätzen. Bei dem rettungslos abgebrannten Wagen handelt es sich um einen Jaguar I-Pace, erst vor einem Jahr war Waymo auf die Elektrowagen des englischen Premium-Herstellers umgestiegen. Jaguar verkauft sie hierzulande ab etwa 95.000 Euro. Hinzu kommen die zahlreichen Sensoren und Einbauten für den autonomen Fahrbetrieb. 

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