Wie viel kostet die Todesstrafe? Mehr als eine lebenslange Haftstrafe

27.09.2023 12:02

In den USA nimmt die Zahl der vollstreckten Todesurteile seit Jahren ab. Teils wegen moralischer Bedenken, aber auch wegen praktischer Schwierigkeiten. Es fehlt an geschultem Personal, Gift – und Geld.

Die letzte Hinrichtung in den Vereinigten Staaten fand am vergangenen Donnerstag statt. Am 21. September erhielt Anthony Sanchez in Oklahoma die Giftspritze. Er war verurteilt worden wegen Vergewaltigung und dem Mord an der 21-jährigen Studentin Juli Busken im Jahr 1996. DNA-Spuren hatten ihn überführt. Trotzdem beteuerte Sanchez noch in den Minuten vor seinem Tod seine Unschuld und sprach von einer Verwechslung.

Weniger Hinrichtungen in den USA

Sanchez ist einer von 17 in diesem Jahr. Die Anzahl der vollzogenen Todesstrafen in den USA geht seit Jahren zurück. Seit der Wiedereinführung 1976 wurden insgesamt 1575 Urteile vollstreckt, erfasst das "Death Penalty Information Center" (DPIC), ein unabhängiges Informationszentrum zur Todesstrafe. Im vergangenen Jahr waren es 18 Hinrichtungen, in diesem Jahr sind es laut DPIC bisher 17.

Mit 55 Prozent unterstützt eine Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung die Todesstrafe für verurteilte Mörder, zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup. Doch die Kritik an der Todesstrafe nimmt zu, es steht schließlich das Leben eines Menschen auf dem Spiel. Mehr und mehr Bundesstaaten setzten die Vollstreckung zum Teil über Jahre aus.

Immer wieder gibt es Fälle, in denen zum Tode Verurteilte im Nachhinein für unschuldig befunden werden. Dazu kommen ganz praktische Probleme: ein Mangel an Gift-Medikamenten, fehlendes Fachpersonal – und Geld.

Sobald die Todesstrafe zur Debatte steht, wird es teuer

Die Kosten unterscheiden sich je nach Bundesstaat. Doch die Todesstrafe ist wesentlich teurer als eine lebenslange Haftstrafe. Durchschnittlich geht das DPIC von etwa 20 Millionen US-Dollar pro Todesurteil aus. In Florida sind es laut Amnesty International sogar mehr als 50 Millionen Dollar.

Gleich mehrere Faktoren führen laut DPIC zu den höheren Kosten für Staat und Land, sobald einem oder einer Angeklagten die Todesstrafe droht:

  • Die Gerichtskosten sind höher, weil die meisten Angeklagten sich weder Verteidiger noch die Verfahrenskosten leisten können.
  • Das Strafverfahren ist komplizierter, es benötigt mehr Fachleute für Forensik sowie zur Beurteilung der psychischen Gesundheit des Angeklagten. Auch die Sicherheitsvorkehrungen sind höher.
  • Die Auswahl der Jury ist zeitintensiver, da die Mitglieder vorher zu ihren Ansichten zur Todesstrafe befragt werden müssen.
  • Todeskandidaten haben andere Haftbedingungen mit strengeren Sicherheitsvorkehrungen.
  • Jede und jeder Angeklagte hat das Recht auf Berufung, die zum Teil wenige Stunden vor dem Termin die Exekution noch stoppt, weil Beweise eingereicht werden, die auf eine Unschuld hindeuten.

Dadurch summieren sich die Kosten. In Kalifornien führte ein Bericht der Kommission für eine gerechte Justizverwaltung 2008 an, dass das Justizsystem inklusive der Todesstrafe jedes Jahr etwa 137 Millionen Dollar kostet. Ohne die Todesstrafe geht die Kommission von lediglich 11,5 Millionen Dollar pro Jahr aus.

In Maryland zeigte eine Studie des Urban Institute im Jahr 2008, dass Steuerzahler etwa 37 Millionen Dollar für eine Hinrichtung bezahlen. Die bundesweiten Kosten sind pro Fall etwa acht Mal höher, wenn die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für den oder die Angeklagten anstrebt.

Und in Louisana wurde die letzte Todesstrafe im Jahr 2010 vollstreckt. Trotzdem bezahlte der Bundesstaat allein im vergangenen Jahr 7,7 Millionen Dollar an Gerichts- und Anwaltskosten für Fälle, in denen die Todesstrafe zur Debatte steht.

Todesurteile werden seltener vollstreckt

Zudem wird die Vollstreckung bei den Angeklagten immer weiter nach hinten geschoben. Eine Auswertung des Pew Research Institute zeigt, dass zwischen Urteil und dem Vollzug der Todesstrafe durchschnittlich 22 Jahre vergehen. 1984 waren es noch sechs Jahre. Das führt zu noch höheren Kosten.

Die Mehrheit der zum Tode Verurteilten stirbt heute nicht durch eine offizielle Hinrichtung. So hält das DPIC fest: "Die meisten Angeklagten, die zum Tode verurteilt werden, verbringen im Grunde genommen ihr Leben im Gefängnis. Allerdings zu sehr hohen Kosten, da die Todesstrafe in den Prozess involviert war."

Von den insgesamt 50 Bundesstaaten in den USA erlauben 27 die Todesstrafe. In fünf davon ist sie aktuell ausgesetzt, auch wegen moralischer Bedenken der Gouverneure. Gavin Newsom aus Kalifornien sagte 2019: "Ich werde als Gouverneur nicht die Hinrichtung einer Person beaufsichtigen. [...] Unser Todesstrafensystem ist nach allen Maßstäben ein Desaster gewesen."

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