Wie entsteht Sucht? 6 Sucht-Ursachen in der Kindheit

12.08.2021 11:21

Eltern wollen immer das Beste für ihr Kind und bemühen sich, es vor allen Gefahren zu beschützen. Umso schlimmer ist es für sie, wenn sich das Kind selbst Schaden zufügt, indem es anfängt, Drogen zu nehmen oder Alkohol zu trinken.

Welche schmerzhaften Erlebnisse schuld daran sein können, dass ein Kind später zu Suchtverhalten neigt, welche Rolle die Eltern dabei spielen und warum auch eine behütete Kindheit Wege in die Sucht bahnen kann, erfährst du im Folgenden.

1. Nicht auf Bedürfnisse eingehen

Babys, die etwas brauchen, schreien laut oder machen sich anders bemerkbar. Wenn jemand kommt, um dieses Bedürfnis zu befriedigen, ist erstmal wieder alles in Ordnung. Das hat nichts mit Manipulation oder Verzogensein zu tun, sondern ist ein ganz natürlicher und wichtiger Schutzmechanismus.

Wenn man das Kind schreien lässt, setzt man es einem anhaltenden körperlichen und psychischen Stress aus, der auch langfristig Auswirkungen auf seine Entwicklung hat. Das Kind fühlt sich ohnmächtig und verlassen – das genaue Gegenteil von dem, was man früher „Urvertrauen“ genannt hat. Langfristige Folgen hiervon können Unsicherheit, Bindungsunfähigkeit und eben auch Suchtanfälligkeit sein. 

2. Kein „Nein“ 

Während Eltern früher ihr Kind eher mal haben schreien lassen – mit den bereits genannten negativen Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung – ist heute ein anderes Extrem weit verbreitet. Viele Eltern schenken ihrem Kind von Geburt an die volle Aufmerksamkeit, reagieren auf all seine kleinsten Bedürfnisse und verpassen den Moment, ab dem man dem Kind langsam beibringen muss, dass es nicht alles haben kann, was es möchte.

Dadurch, dass man nie „Nein“ sagt und sich alles nur um das Kind und seine Wünsche dreht, wird es jedoch um die Erfahrung gebracht, mit Frustrationen umzugehen. Früher oder später wird es dann aber genau solche frustrierenden Momente außerhalb der Familie erleben und davon völlig aus der Bahn geworfen werden. Im schlimmsten Fall wird ein solcher Mensch später immer Trost in einer Sucht suchen.

3. Übervorsichtig sein

Früher war sicher nicht alles besser, aber es herrschte eine gewisse Gelassenheit und Selbstverständlichkeit im Umgang mit Kindern (die zugegebenermaßen manchmal an Gleichgültigkeit oder Fahrlässigkeit grenzte). Heutzutage gibt es ein viel größeres Bewusstsein für Gefahren und dementsprechend auch ein größeres Sicherheitsbedürfnis.

Problematisch ist das ängstliche Verhalten von Eltern deshalb, weil es die Kinder daran hindert, eigene Erfahrungen und Fehler zu machen, aber auch Erfolgserlebnisse zu haben. Das fängt beim selbständigen Krabbeln und Laufen an und geht bis hin zum Klären oder Aushalten von Konflikten mit anderen Menschen. Damit Kinder selbstbewusst werden und später keine Drogen als „Krücke“ fürs Leben brauchen, müssen sie aber die Erfahrung machen, dass sie allein etwas bewirken können und dass es nicht schlimm ist bzw. sogar zum Lernen dazugehört, dass etwas nicht klappt.

4. Leistungsdruck aufbauen

Es bleibt nicht ohne Auswirkungen, dass immer mehr Kinder in Deutschland Abitur machen. Viele Eltern drillen ihre Kinder auf Leistung, weil sie Angst haben, dass sie sonst auf dem Arbeitsmarkt nicht mithalten können und sozial abgehängt werden. Die betroffenen Kinder bekommen so beigebracht, dass der Wert eines Menschen ausschließlich von seiner Leistung abhängt. Kindern, denen die guten Noten nicht in den Schoß fallen, wird die Botschaft vermittelt, sie seien nicht gut genug. 

Die Gefahr einer solchen Erziehung ist zum einen, dass das Kind sich nicht geliebt fühlt oder nur dann, wenn es bestimmte Erwartungen erfüllt, und nicht um seiner Selbst willen. Zum anderen werden seine Grenzen nicht respektiert und es selbst merkt auch nicht, wann ihm etwas zu viel wird. Es liegt nahe, dass ein solches Kind zu einem Erwachsenen werden kann, der sein Selbstvertrauen durch Drogenkonsum steigert oder auf leistungssteigernde Substanzen zurückgreift, um gegenüber Konkurrenten zu bestehen.

5. Freizeit verplanen

Kinder brauchen Anregungen, aber erst recht brauchen sie Freiräume. Auch wenn es paradox klingt: Aber wer seinen und den Tag seines Kindes mit Terminen vollstopft – und seien es noch so schöne Aktivitäten wie Fußball im Verein, Musikschule oder die Zirkus-AG – kann bei dem Kind eine innere Leere und Langeweile erzeugen, die es als Jugendlicher und Erwachsener womöglich mit Drogen füllen wird. Wenn Kinder Freizeit haben, die diesen Namen tatsächlich verdient, können sie ihrer Kreativität und Fantasie freien Lauf lassen und selbst aktiv werden. Wenn die Anregungen immer nur organisiert von außen kommen, werden Kinder stattdessen in eine passive Rolle gedrängt.

6. Belohnen

Viele Abhängige benutzen Drogen als Mittel zur Selbstbelohnung und auch das hat seine Wurzeln in der Kindheit. Denn intuitiv gehört Belohnen für fast alle Eltern zur Erziehung dazu, um braves und angepasstes Verhalten positiv zu verstärken. Sie tun das meist in guter Absicht, beispielsweise, weil sie nicht drohen und strafen möchten, wie sie es aus ihrer eigenen Kindheit kennen. Das Problem ist, dass Belohnen und Strafen nur zwei verschiedene Seiten einer Medaille sind. Solange der Anreiz oder die Angst groß genug ist, kann man ein Kind auf diese Weise zwar dazu bringen, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten, es findet aber keine Einsicht beim Kind statt, warum das Verhalten an sich gut oder wünschenswert ist. 

Durch die Belohnungen werden im kindlichen Gehirn außerdem Glückshormone freigesetzt, die Abhängigkeit erzeugen. Dabei müssen es gar nicht unbedingt materielle Dinge oder Geld sein, die süchtig machen und später dazu führen, dass man ständig konsumieren will (egal, ob Drogen, Essen, Alkohol oder anderes). Auch Tauschgeschäfte wie „Wenn du jetzt lieb bist, dann gehen wir nachher noch auf den Spielplatz“ gehören in diese Kategorie. 

Natürlich sind nicht immer die Eltern schuld, wenn jemand drogensüchtig wird. Aber die Kindheit ist nun einmal die prägende Zeit für die Persönlichkeitsentwicklung und dementsprechend auch die Zeit, in der Sucht-Ursachen häufig zu finden sind. Wichtig ist auch, dass nicht alles, was gut gemeint ist, dem Kind guttut. Viele der beschriebenen Erziehungsfehler beruhen auf eigener Unsicherheit oder Bequemlichkeit der Eltern.

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