VON WEGEN WELTSTADT MIT HERZ Will denn keiner Witwer Rudi helfen?

15.03.2019 12:10

München – Traurig sitzt Rudolf Kluge (89) in seiner Drei-Zimmer-Wohnung in Neuperlach. Er macht sich Sorgen. Denn im April entscheidet ein Gericht darüber, ob er nach 44 Jahren ausziehen muss.

Die Vermieterin kündigte ihm die 80qm-Wohnung (Miete 1000 Euro) wegen Eigenbedarfs. Dagegen klagte er, in dieser Woche war Verhandlung (BILD berichtete). Kluge: „Das letzte Jahr war schlimm. Die Unsicherheit, der ganze Ärger wegen des Prozesses.“

1975 zog er mit seiner Frau, die vor vier Jahren stab, in die Neubauwohnung in der Kafkastraße. „Es war der Erstbezug. Wir waren glücklich. Ich vermisse meine Frau.“

▶︎Seitdem lebt Kluge im Stadtviertel. „Mich kennt hier jeder, es ist mein zuhause, ich will hier bleiben.“ Täglich geht er mit den Hund der Nachbarn. Zweimal in der Woche fährt er mit der S-Bahn zum Tierheim. „Dort gehe ich mit Hunden gassi", so der rüstige Rentner.

Sein Hausarzt ist nur 100 Meter von der Wohnung entfernt. „Das sind für mich immer kurze Wege.“ Er geht auch regelmäßig zum Mittagessen ins Stadtteilbüro um die Ecke, trifft sich mit anderen Senioren in der Kirchengemeinde zum Cafe: „Das hält mich jung.“

Pfarrer Paul Streidl (47) hilft ihm bei der Wohnungssuche. „Er druckt mir Inserate aus, ich habe doch kein Internet.“ Der Pfarrer: „Unsere Hoffnung ist, dass er überhaupt eine Chance kriegt, sich vorzustellen. Damit die Leute sehen, dass er ein netter älterer Herr ist, noch gut beieinander und mit festem Einkommen.“

▶︎Schon auf mehr als 30 Anzeigen haben die beiden geantwortet – ohne Erfolg. Streidl: „Meistens kommt gar keine Antwort.“

Immerhin: Kluge hatte schon zwei Angebote: „Da seine war im zweiten Stock, ohne Aufzug. Da geht in meinem Alter nicht mehr.“ Die andere Wohnung wurde abgesagt. Kluge traurig: „Ich bin halt zu alt.“

Was, wenn das Gericht die Kündigung zulässt? Kluge: „Daran will ich gar nicht denken, das wäre sehr schlimm.“

Er hat vorgesorgt. „Ich habe mich in Perlach für betreutes Wohnen angemeldet.“ Für ihn aber die letzte aller möglichen Lösungen. „Mein Wunsch ist, dass ich hierbleiben kann, hier gehöre ich her.“

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