Sowohl in Österreich als auch in Bayern ist Fronleichnam ein wichtiger Tag mit zahlreichen Traditionen, auch jenseits der landesüblichen Prozessionen. Wegen Corona fand der Löwenanteil – im Gegensatz zu linken Demos – nicht statt.
In meiner Tiroler Wiege war es schon vor einigen Tagen Gewissheit: Eine der wichtigsten und imposantesten Prozessionen zu Fronleichnam entfällt. Der seit fast 300 Jahren stattfindende Brixentaler Antlassritt, der auch an die Abwehr des Schwedensturms im Jahr 1643 erinnern soll, musste wegen der geltenden Einschränkungen zum ersten Mal seit dem zweiten Weltkrieg entfallen. Aber es geht noch verrückter: Denn in Bayern finden beinahe alle Fronleichnam-Bräuche nicht statt.
Jahrhunderte Bräuche entfallen plötzlich
Für viele Katholiken ist es ein fixer Termin. Sie wohnen alljährlich dem farbenfrohen Treiben bei – neben der eigentlichen Prozession hinter dem Pfarrer und seiner Monstranz sind regional Heiligenbilder auf Blumenfluren üblich. Im ländlichen Raum war es traditionell auch ein Fruchtbarkeitsfest – der Zug lief um ein zu weihendes Feld, das in Österreich früher auch nur schweres Getreide wie Roggen oder Weizen beinhalten durfte.
Wie die Bayerische Staatszeitung bereits thematisiert, untersagte die Politik das landein, landaus in diesem Jahr. Weil, eh wissen: Corona und so. Man will ja sich und seine Mitmenschen schützen. Und der Maibaum wurde ja auch fast nirgendwo aufgestellt. Und wer braucht das bisserl Aberglauben schon, wird schon keine Missernten geben. Sollen die Gläubigen doch mit großem Abstand in maximal zweistelligen Zahlen zum Gottesdienst kommen. Vielerorts blieben auch die Prangerstutzen stumm.
Zweierlei Maß bei Menschenmengen
Nur entbehrt dies jeglicher Logik, denn wir alle haben die Bilder gesehen. In Wien liefen 50.000 Menschen auf die Straße, um wegen des Todes eines Afroamerikaners fast 8.000 Kilometer weg gegen vermeintlichen Rassismus zu demonstrieren. Auch in München, wo statt einer Prozession nur ein Gottesdienst mit maximal 70 Leuten stattfinden darf, waren es 25.000, an die Gesichtsmasken und den Abstand dachte dabei fast niemand.
Und im Nachhinein gab es reihum den Sanktus der Politik und der Mainstream-Medien. Sie wissen schon, das sind dieselben Moralapostel, die noch kurz zuvor jedem, der sich mit zu vielen Freunden zum Grillabend traf, den Stempel eines „Lebensgefährders“ aufdrücken wollten. Und die Polizei sollte daneben stehen, nachdem sie noch zuvor hohe Strafbescheide an Leute ausstellten, die im Park Vokabeln büffelten.
Bürger müssen Freiheiten und Bräuche einfordern
Kurz, als es ideologisch in den Kram passte, waren die Regeln egal. Jetzt, wenn es darum geht, dass Menschen im Glauben die Kraft finden könnten und – Gott bewahre – den hiesigen Traditionen frönen, versteht die Politik keinen Spaß mehr. Denn offenbar kann das Virus zwischen der guten Sache und dem bösen Volksglauben unterscheiden. Einzig die widerständigen Lungauer ließen sich ihren Samsonumzug einfach nicht nehmen.
Angesichts der Unverfrorenheit von soviel zweierlei Maß sollte auch der letzte Bürger wissen, welche Nummer eigentlich gespielt wird – oder zumindest, mit welcher Willkür und Unfähigkeit unsere Politiker agieren. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Leuten von erhobenenen Zeigefingern nicht weiter einschüchtern lassen und ihre Freiheiten und Bräuche einfordern. Vielleicht hätte man die Fronleichnams-Prozession ja einfach als Demo anmelden sollen.