Traditionsmarke Miele streicht 2700 Stellen – ist Made in Germany am Ende?

09.02.2024 10:45

Haushaltsgeräte-Hersteller Miele will Tausende Arbeitsplätze abbauen – und wie andere Firmen ins Ausland verlagern. Verliert der Standort Deutschland damit sein Gütesiegel "Made in Germany"?

Das deutsche Traditionsunternehmen Miele will 2000 Stellen abbauen und 700 weitere nach Polen verlagern. Als Grund gibt Miele eine geringe Nachfrage und gestiegene Kosten an. Das Unternehmen bezeichnete den Schritt als "Effizienzprogramm". Der Einschnitt soll bis 2026 zusätzlich 500 Millionen Euro einsparen, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. 

"Was wir derzeit erleben, ist keine vorübergehende Konjunkturdelle", so die Geschäftsleitung der Miele Gruppe. Vielmehr hätten sich die Rahmenbedingungen so nachhaltig verändert, dass man sich als Firma nun darauf einstellen müsse. Das 1899 gegründete Familienunternehmen aus Gütersloh wird von zwei Inhaberstämmen geführt, an deren Spitze Markus Miele und Reinhard Zinkann als geschäftsführende Gesellschafter stehen. 

Nach vier erfolgreichen Jahren, in denen die Produktion ausgebaut wurde, kommt der Schritt für viele überraschend. Doch die Haushaltsgeräte-Branche, die mehr als viele andere vom Gütesiegel "Made in Germany" lebt, hat generell Schwierigkeiten.

Nach Rekordjahr böse Überraschung

Noch 2022 erzielte Miele den höchsten Umsatz in der fast 125-jährigen Firmengeschichte. Dieser stieg auf 5,43 Milliarden Euro – ein Plus von 12,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Aussicht auf 2023 sei verhalten optimistisch, sagte Miele damals. Dann kam die böse Überraschung: 2023 sank der Umsatz um rund 9 Prozent. Die verkauften Stückzahlen brachen im Vorjahresvergleich um rund 18 Prozent ein.

Besonders die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekrieges haben sich laut Miele ausgewirkt. Stark betroffen sei das Premiumsegment. Mit der Ankündigung fügt sich Miele ein in eine ganze Reihe von Firmen wie Bosch und ZF, die ebenfalls massiv Stellen abbauen wollen.

Für Miele-Beschäftigte brechen nun harte Zeiten an. Der Stellenabbau soll zwar vorwiegend in den sogenannten indirekten Bereichen passieren und nicht an den Produktionsmaschinen und Montagelinien. Aus der Waschmaschinen-Montage am Stammsitz Gütersloh sollen jedoch 700 Arbeitsplätze bis 2027 nach Polen gehen. Haushaltsübliche Waschmaschinen werden damit künftig fast vollständig im polnischen Werk in Ksawerów zusammengebaut.

"Haushaltsgeräte-Industrie steht extrem unter Druck"

Für das Label "Made in Germany" ist diese Entwicklung gefährlich, denn Miele ist kein Einzelfall. "Die gesamte Haushaltsgeräte-Industrie steht extrem unter Druck", sagt Sandra Deutschländer, Branchenexpertin bei der Boston Consulting Group (BCG). "Das liegt unter anderem an den vorgezogenen Käufen in der Coronapandemie. Konsumenten waren zu Hause und hatten Budget, das sie unter anderem in langlebige Konsumgüter investiert haben." Nach der Pandemie habe sich die Konjunktur dann verschlechtert, Inflation und Preise sind enorm gestiegen. "Ein ganz klassischer Nachfrageeinbruch."

Auf der Angebotsseite gebe es ebenfalls Probleme, so Deutschländer. "Die Hersteller leiden unter gestiegenen Produktionskosten, vor allem Energie- und Rohstoffkosten." Der Margendruck habe sich dadurch extrem erhöht. "Während Volumina zurückgehen, bleiben die Fixkosten gleich oder steigen durch die Inflation sogar. Und das trifft erst mal alle Hersteller."

Krise in der Baubranche trifft Miele und Co.

Außerdem wirke sich die Krise der Baubranche auf die Hersteller von Haushaltsgeräten aus. "Wenn weniger gebaut wird, braucht es auch weniger Küchen, Backöfen, Waschmaschinen. Bis die Baukonjunktur wieder anzieht, wird es noch dauern. Und dann braucht es noch mal eine Zeit, bis das die Haushaltsgeräte-Industrie erreicht", so Deutschländer.

Die Verlagerung nach Polen hat laut der Expertin aber nichts mit niedrigeren Personalkosten in Polen zu tun. Sie haben sich in den letzten Jahren fast angeglichen. Aus Branchenkreisen hört man, dass der Grund für den Abbau der "deutschen Stellen" ein anderer ist: Im Stammwerk in Gütersloh sind die Produktionsmaschinen auf Wäschetrommeln aus Metall eingestellt. Diese aber sind teurer als solche aus Plastik. Und eben jene sollen im Werk in Ksawerów hergestellt werden.

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