Während Normalbürgern teils saftige Strafen für die Missachtung der Corona-Maßnahmen drohen, halten sich die Mächtigen selbst nicht immer an die eigenen Regeln…
„Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren“ – insofern versteht man menschlich das Bedürfnis eines greisen Staatsoberhaupts, sich einmal gehen zu lassen. Immerhin laden die steigenden Temperaturen dazu ein, sich im Schanigarten zu vergnügen. Und dennoch ist ‚Bellos‘ überlanger Ausflug zum Italiener seines Vertrauens ein Schlag ins Gesicht jedes gesetzestreuen Bürgers im üblichen Maskenfasching- und Sperrstunden-Wahnsinn.
Eigensinnige Regelauslegungen bei den Mächtigen
Denn, dass es manche Leute mit den eigenen Regeln nicht ganz so genau nehmen, zeigte bereits Bundeskanzler Kurz vorige Woche. Im Kleinwalsertal ließ er sich von euphorischen Fans feiern und genoss das Bad in der Menge sichtlich. Das Bundeskanzleramt schob die Verantwortung danach auf gar böse Bürger ab, die mit dem Regierungschef nach fast zwei Monaten das erste Mal wieder jemanden von außerhalb des Dorfes zu Gesicht bekamen.
Recht entlarvend ist auch der Hinweis, dass der Bundespräsident ja ohnehin nur im Gastgarten saß, während der Gastwirt schon längstens seine Pforten offiziell geschlossen hatte. Während landauf, landab die Gastronomen ihre Gäste um Punkt 23 Uhr von ihren Plätzen scheuchen müssen, gilt für die Obrigkeit schon wieder ein anderer Maßstab. Und obwohl fast alle Medien darüber berichten, bleibt die Aufregung ein Sturm im Wasserglas.
Zweierlei Maß bei Corona-Regelverstößen
Die lapidare Ausrede des Bundespräsidenten für den Fauxpas: „Zeit übersehen“. Freilich, jeder ‚verhockt‘ sich einmal – und meine Herzallerliebste rechnet längst ein akademisches Viertel zur von mir angekündigten Uhrzeit der Rückkehr vom Stammtisch mit Freunden ohne Murren dazu. Die besten Gespräche finden bekanntlich immer dann statt, wenn die Runde bereits eine gesellige Menge wohltuenden Gebräus intus hat. Da ist das Hinterteil gerne mal aus Versehen länger als geplant an der Bierbank kleben geblieben…
Allerdings erinnern wir uns auch über den „Skandal“, den eine kleine Runde in einem Vereinshaus in der Steiermark auslöste. Ein blauer Landtagsabgeordneter, der sich mit drei Freunden traf, wurde zum Sündenbock wegen seiner „Corona-Party“ und die linke Blase übertraf sich mit Sittenbild-Vergleichen. Am Ende musste sich der Mann nicht nur entschuldigen, sondern auch in Schimpf und Schand das Mandat räumen. Für Van der Bellen hingegen wird es keine rechtliche, moralische oder personelle Konsequenz geben.
Van der Bellen ohne Mut zur Rüge
Die Bellen’sche Unaufmerksamkeit ist freilich nichts neues. Der sonst so moralisierende Präsident erhob in den vergangenen Wochen nicht einmal zu Überwachungsfantasien „am Rande des demokratischen Modells“ einen Zeigefinger. Eisernes Schweigen herrschte auch, als die Jugend seiner ehemaligen Partei behauptete, Österreich sei „frei erfunden“. Ist ja auch kein Rattengedicht.
Die Schlagseite seiner Amtsführung kann man diskutieren. Dass er aber Gesetze abnickt, die verfassungsmäßige Grundrechte über Monate beschneiden, sich dann aber selbst nicht an die angeschlossenen Verordnungen hält, grenzt an eine Verhöhnung der Bürger. Wer sich als Erster unter Gleichen versteht, muss entweder mit gutem Beispiel voran gehen – oder seine Macht eben dafür nutzen, für das Ende absurder Maßnahmen zu werben.