So sehr schadet Stress Ihrer Gesundheit

11.05.2021 11:26

Stress lass nach! Das wünschen sich viele, die im Alltag häufig unter Strom stehen. Doch gelingt das nicht und wird Stress zum ständigen Begleiter, ist die Gesundheit in Gefahr. Wir erklären, welche Warnsignale Sie unbedingt ernst nehmen sollten.

„Ich bin gestresst“ – das sagen etwa sechs von zehn Deutschen von sich selbst, so eine repräsentative Umfrage*. Was sie damit meinen, ist meist das Gefühl von Hektik, Eile, Druck und allgemeiner Anspannung.

Der Job und die damit verbundenen Anforderungen sind Stress-Verursacher Nummer eins in Deutschland, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Auf Platz zwei liegt ein hausgemachter Stress-Auslöser: (zu) hohe Ansprüchen an sich selbst. Aber auch Termindruck in der Freizeit, ständige Erreichbarkeit, Konflikte mit dem Partner oder finanzielle Sorgen lösen bei vielen Stress aus.

Natürliches Notfallprogramm

Stress ist in unserem biologischen Programm fest verankert und nicht per se schädlich. Er ist vielmehr eine natürliche und sinnvolle Reaktion auf eine große Belastung oder Gefahr.

Ein Beispiel: Jemand nimmt uns im Straßenverkehr die Vorfahrt. Unser Gehirn erkennt sofort den Ernst der Lage und löst eine Reihe von körperlichen Veränderungen aus. Das Ziel: den Körper so zu aktivieren, dass er die brenzlige Situation so schnell wie möglich meistern kann – zum Beispiel durch Ausweichen oder Bremsen.

Stress: Das geschieht im Körper

Diese Reaktionen des Körpers unter Stress werden ganz wesentlich durch Botenstoffe gesteuert: Zum einen schütten die Nebennieren auf Befehl des zentralen Nervensystems eine Mischung aus Adrenalin und Noradrenalin aus. Diese Substanzen (sogenannte Neurotransmitter) bewirken vor allem eine Erhöhung des Blutdrucks, besser durchblutete Muskeln und eine Erweiterung der Bronchien, damit mehr Sauerstoff ins Blut gelangt.

Gleichzeitig geben die Nebennieren Hormone, genauer: Glukortikoide, ins Blut ab. Sie treiben den Blutzuckerspiegel in die Höhe, damit mehr Energie zu den Zellen gelangt. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass wir reflexhaft handeln und keine wertvolle Zeit mit Nachdenken verschwenden.

Die Stress-Reaktion unseres Körpers auf eine akute Gefahr ist also ein ausgeklügeltes Notfallprogramm, das uns befähigt, Gefahren schnell zu bewältigen.

Riskant: Stress als Dauerzustand

Eine brenzlige Situation im Alltag, die uns kurzfristig stark stresst, ist für unseren Körper kein Problem – wenn er sich danach erholen kann. Wird Stress aber zum Dauerzustand, also chronisch, und bleibt die Entspannung aus, verwandelt er sich in ein echtes Risiko für Körper und Psyche.

Botenstoffe mit Nebenwirkungen

Schuld daran sind vor allem die Glukortikoide. Sie haben eine Reihe von Nebenwirkungen, die dann ins Gewicht fallen, wenn sie zu häufig ausgeschüttet werden. Bei andauerndem, hohem Stressaufkommen fluten sie den Körper regelrecht und werden zum Auslöser zahlreicher Probleme. Sie:

  • machen anfällig für Infekte und Entzündungen
  • stören das Ein- und Durchschlafen
  • machen unruhig und behindern die Konzentration
  • steigern den Appetit
  • lösen Spannungskopfschmerz aus
  • machen reizbar und aggressiv

Überaktiver Mandelkern

Seit kurzem weiß man, dass auch die Amygdala (der sogenannte Mandelkern) eine große Rolle bei Stressreaktionen spielt. Dieser Teil unseres Gehirns steuert zum Beispiel Furcht und Aggressionen. Forscher haben jüngst herausgefunden, dass bei Stress die Amygdala aktiver ist als sonst und die Rolle einer „Schaltzentrale“ übernimmt. Bei Dauerstress vergrößert sie sich sogar.

Das Problem: Menschen mit gesteigerter Amygdala-Aktivität haben ein höheres Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten. Der Grund: Ihr Knochenmark produziert zu viele weiße Blutkörperchen. Dieser Überschuss lagert sich als Plaque in den Gefäßen ab und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

Gleichzeitig sorgt die Überaktivität des Mandelkerns dafür, dass die Arterien verstärkt entzündet, die Fließeigenschaften des Blutes schlechter und die Funktion der Blutplättchen beeinträchtigt sind – alles Faktoren, die Herz- und Gefäßkrankheiten zusätzlich begünstigen.

Gefährliche Vielfalt von Erkrankungen

Auch wenn schon viele Abläufe der Stressreaktion bekannt sind – alle körperlichen Auswirkungen von chronischem Stress sind noch nicht erforscht. Als sicher gilt jedoch, dass er eine ganze Reihe von Erkrankungen fördert – auch solche, die auf den ersten Blick damit gar nicht in Verbindung gebracht werden.

Hinzu kommt: Andauernder Stress verstärkt generell ungesundes Verhalten. Sind wir gestresst, essen wir häufiger Ungesundes, trinken mehr Alkohol, bewegen uns weniger und greifen häufiger zur Zigarette. 

Aktive Gesundheitsvorsorge: Stress-Management

Stress einfach abstellen – das können die wenigsten. Umso wichtiger ist es, einen regelmäßigen Ausgleich zu schaffen und durch Phasen der Entspannung die Stressbelastung insgesamt wieder zu verringern.

Viele setzen allerdings in Zeiten von Dauerstress und Überlastung allein auf die Strategie „Augen zu und durch“. Das kann eine Zeit lang gut gehen. Doch mit zunehmender Dauer oder steigendem Alter wird es immer schwerer, Stress einfach auszuhalten.

Die bessere Strategie: das persönliche Stresslevel gezielt verringern. Das gelingt zum Beispiel durch eine bessere Selbstorganisation, eine entspannte Haltung oder das Herunterschrauben zu hoher Ansprüche an sich selbst. Ratgeber können Ihnen helfen, mit mehr Gelassenheit durch Ihr Leben zu gehen.

Außerdem gilt es, aufgetretenen Stress gezielt abzubauen. Das gelingt beim Joggen oder Radfahren besser als mit einem Bier auf der Couch. Vor allem Ausdauersport hilft dem Körper, Stress-Botenstoffe schnell wieder abzubauen. Gleichzeitig fördert Sport die körperliche Belastbarkeit in stressigen Phasen.

Zum Abbau von Stress haben sich auch Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung sowie Yoga bewährt. Sie helfen bei regelmäßiger Anwendung, das persönliche Stress-Level niedrig zu halten.

> Gibt es auch positiven Stress?

*Stress-Studie der Techniker Krankenkasse, durchgeführt durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Juni 2016

Quelle