Österreichs Kanzler Nehammer rät Kindern in Armut zu McDonald s-Hamburgern

29.09.2023 12:05

Im Internet kursiert ein Video, in dem Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer über Kinderarmut und Teilzeitarbeit spricht. Er drückt darin sein Unverständnis für Eltern aus, die ihren Kindern keine warme Mahlzeit bieten könnten. Die Kritik an seinen Aussagen ist groß.

Ein Video, dass Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigt, wie er über Kinderarmut und Teilzeitarbeit spricht, sorgt für viel Aufregung im Netz. In den Aufnahmen widerspricht der Regierungschef Aussagen, dass ein Kind in Österreich nicht an eine warme Mahlzeit käme. Dabei verweist er auf die Hamburger beim Fast Food-Riesen McDonald's, die schon für 1,40 Euro zu haben wären. Dem österreichischen Fernsehsender "Puls 24" bestätigte Nehammers Partei ÖVP die Echtheit des Videos. Es sei bei einer Funktionärsveranstaltung in Hallein in Salzburg entstanden.

Die Veranstaltung fand Ende Juli in den Räumlichkeiten einer Vinothek in Hallein statt, die Nehammer mit weiteren ÖVP-Mitgliedern besuchte. In dem rund sechs-minütigen Clip, der seit Mittwochabend auf der Plattform X (ehemals Twitter) kursiert, beginnt Nehammer von einer Diskussion mit "linken Freunden" zu berichten. Es habe sich um die Frage gedreht, wie es das gebe, dass die Menschen in Österreich immer weniger Geld hätten, aber sich die Teilzeitquote nicht erhöhe (Nehammer meinte vermutlich "sinken" statt "erhöhen"). "Nicht einmal bei den Frauen, die keine Betreuungspflichten haben. Wenn ich zu wenig Geld habe, gehe ich mehr arbeiten", sagt der Bundeskanzler im Video.

Karl Nehammer: "Dann sind wir in der DDR"

Dann geht er darauf ein, dass geschrieben werde, ein Kind in Österreich bekäme keine warme Mahlzeit. Was ihn dabei am meisten störe, dass man nirgends höre oder lese: "Was ist eigentlich mit den Eltern? Was heißt, ein Kind kriegt keine warme Mahlzeit in Österreich? Wisst ihr, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Sie ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald's." Schließlich sei der für 1,40 Euro zu haben, mit Pommes für 3,50 Euro, so Nehammer.

Dass Eltern in Österreich sich dieses Essen nicht für ihre Kinder leisten könnten, bestreitet er. Man könne noch darüber reden, ob es gesund sei, aber dann müsse man "etwas anderes tun". "Nur wenn wir uns in dieser Diskussion verlieren und das ärgert mich massiv, weil es in den Medien überhaupt nicht stattfindet, dann reden wir von Staatswirtschaft. Das heißt, jeder Elternteil hat sein Kind einzumelden, wir machen Kalorientabellen, wir schauen, wie viel Essen kriegt das Kind, wie wird's ernährt? Und dann sind wir in der DDR. So schaut die linke Welt aus", fasst Nehammer energisch zusammen.

Wir leben in einem der besten Länder Europas", so Nehammer. Bei der Frage, wie es den Menschen im Land gehe, stehe man an zweiter Stelle nach Luxemburg. Man habe die Kaufkraft erhalten, sei sogar inflationsbereinigt "im Plus", sagt der Bundeskanzler.

Im Jahr 2021 waren laut Daten der Statistik Austria 368.000 Kinder in Österreich von Armut betroffen – fast jedes vierte Kind. Die Volkshilfe und die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) hatten im Frühjahr dieses Jahres die Ergebnisse einer nicht repräsentativen Studie veröffentlicht, die armutsbetroffene Familien zu ihrer Situation im vorangegangenen Winter befragt hatte. Die Hälfte der Betroffenen sagte, dass sie ihre Kinder nicht ausreichend vor Kälte schützen könnte.

Kritik von der Caritas und der Opposition

Dementsprechend bekam Nehammer für seine Aussagen viel Gegenwind. Caritas-Präsident Michael Landau schrieb via X: "In Österreich muss niemand verhungern oder im Winter erfrieren", aber wer sage, "dass niemand hungert oder friert, hat von der Wirklichkeit der Menschen keine Ahnung". Mit einer Verhöhnung armutsbetroffener Menschen sei niemandem gedient. Auch Arme hätten Würde und die sei zu achten, so Landau.

Auch aus der Politik hagelte es Kritik für den Kanzler. SPÖ-Chef Andreas Babler schrieb auf X: "Die Österreicherinnen und Österreicher haben einen Bundeskanzler verdient, der die Menschen respektiert, statt sie zu verachten." Bablers Parteikollegin Eva-Maria Holzleitner pflichtete ihm bei: "Nehammer muss sich bei den Frauen entschuldigen. Wer leistet den Großteil der unbezahlten Arbeit in diesem Land? Die Liste der Gründe für Teilzeit ist lang. Faulheit dazuzuzählen ist eine Unterstellung und Frechheit!"

In einem Statement gegenüber Puls 24 verteidigt die ÖVP Nehammers Aussagen: "Wir sind so wie der Bundeskanzler überzeugt, dass jedes Kind in Österreich eine warme Mahlzeit bekommen kann, wenn die Eltern ihre Verantwortung wahrnehmen, zumal wir die Familien wie nie zuvor unterstützen."

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