Mythos „Übersäuerung“: Was wirklich dahintersteckt.

30.01.2019 08:55

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Entgiftungskuren, Säfte zum Entschlacken und teure Wellnessangebote – es gibt unzählige Möglichkeiten, einer vermeintlichen Übersäuerung seines Körpers entgegenzuwirken. Die Betroffenen erhoffen sich davon beispielsweise, wieder aktiver zu werden oder Sodbrennen zu vermeiden.

Recherchiert man im Internet nach Symptomen wie Müdigkeit, Bauchschmerzen oder Kurzatmigkeit, stößt man häufig auf die Diagnose „Übersäuerung“. Diese werde vor allem durch kar­ni­vore Ernährung ausgelöst und sei der Ursprung für sämtliche Beschwerden.

Die Lösung für dieses Problem wird gleich mitgeliefert: eine basische Behandlung mithilfe von Produkten wie Entschlackungsstrümpfen und Saftkuren. Der Gedanke dahinter: Säure erzeugende Lebensmittel, wie eben Fleisch, müssten durch basische Ernährung ausgeglichen werden. Doch was passiert eigentlich im Körper bei Übersäuerung und welche „Gegenmittel“ sind sinnvoll?

Schulmedizinische Definition

Laut Medizinern braucht man bei einer Übersäuerung des Körpers eigentlich keine Hilfe von außen – jedenfalls in den meisten Fällen. Denn der Körper hat ein ausgeklügeltes System entwickelt, um seinen Säure-Basen-Haushalt auf einem bestimmten Niveau zu halten. Schließlich sind verschiedene Bereiche des Körpers auf unterschiedliche Säurekonzentrationen angewiesen.

Während die basische Galle beispielsweise Magensäure neutralisiert, herrscht in der Scheide einer Frau ein sehr saures Milieu vor, um Krankheitserreger abzuwehren. Der Körper hat mithilfe der Lunge und Nieren einen Weg gefunden, die verschiedenen Konzentrationen aufrechtzuerhalten bzw. auszugleichen.

Dabei ist das Blut der wichtigste Faktor in diesem System. Denn es unterliegt hinsichtlich des pH-Werts nur kleinen Schwankungen, die sich um den (leicht basischen) Wert 7,4 bewegen. Wenn der Wert unter 7,35 sinkt, diagnostizieren Mediziner eine Azidose, also eine Übersäuerung. „Durch eine säurehaltige Ernährung ist es jedoch unmöglich, in diesen pH-Bereich zu kommen“, erklärt Thomas Remer von der Universität Bonn.

Denn per definitionem kann es zu einer Übersäuerung des Blutes nur dann kommen, wenn Lunge oder Nieren nicht mehr richtig arbeiten und somit den pH-Wert des Blutes nicht mehr regulieren können. Das kann Lähmungen und im schlimmsten Fall ein Koma nach sich ziehen.

Es lohnt sich doch

Nichtsdestotrotz sollte man laut Thomas Reimer auf eine ausgeglichene Ernährung achten, die säure- und basenbildene Lebensmittel beinhaltet. Denn durch seine Forschung haben er und sein Team herausgefunden, dass bei der konstanten Ausscheidung von Säure vom Körper das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. „Ist das Cortisol über Monate oder Jahre leicht erhöht, rechnet man damit, dass der Blutdruck steigt und das Skelettsystem beeinträchtigt wird“, so der Experte über die gesundheitlichen Folgen.

In seiner Untersuchung gehe es aber nicht darum, säurebildende Lebensmittel zu verteufeln, sondern die Auswirkungen einer einseitigen Ernährung zu untersuchen. Möchte man sich ein Steak gönnen, sollten ausreichend „Gegenspieler“ dazu verzehrt werden. „Wer seine Säurelast reduzieren möchte, sollte zur Banane oder zu anderem Obst und reichlich Gemüse greifen“, erklärt Remer.

Fazit

Nahrungsergänzungsmittel braucht man laut Experten also für einen gesunden Säure-Basen-Haushalt nicht. Eine ausgewogene, nicht zu fleischlastige Ernährung sei der beste Weg. Wer sich jedoch auch nach einer Ernährungsumstellung nicht besser fühlt, sollte sich auf jeden Fall von einem Arzt auf etwaige andere Gründe seiner Beschwerden untersuchen lassen.

Die in den Medien oft erwähnte „Übersäuerung“ ist also nichts weiter als eine falsche Begrifflichkeit für eine unausgewogene Ernährung. Bevor man sich für ein Nahrungsergänzungsmittel entscheidet, sollte man lieber von einem Arzt oder Ernährungsberater prüfen lassen, welche (alternative) Ernährung für einen selbst geeignet ist. Dann ist auch gewährleistet, dass es einem bald wieder besser gehen kann.

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Quelle