Kawasaki-Syndrom

18.05.2020 15:22

Hierzulande tritt das Kawasaki-Syndrom äußerst selten auf, dennoch nimmt die Erkrankung bei Betroffenen einen schweren Verlauf. Zudem steht das Coronavirus Covid-19 in Verdacht, das Kawasaki-Syndrom auszulösen. Doch was ist die Krankheit mit dem exotischen Namen überhaupt und was ist daran so gefährlich? Alles Wichtige erfahren Sie hier.

Was ist das Kawasaki-Syndrom?
Was sind die Ursachen des Kawasaki-Syndroms?
Was sind die Symptome des Kawasaki-Syndroms?
Wie erkennt der Arzt das Kawasaki-Syndrom?
Wie wird das Kawasaki-Syndrom behandelt?
Wie kann ich einem Kawasaki-Syndrom vorbeugen?
Wie sind die Heilungschancen bei Kawasaki-Syndrom?

Was ist das Kawasaki-Syndrom?

Das Kawasaki-Syndrom ist eine akute Entzündung der kleinen und mittelgroßen Blutgefäße, die sich über den ganzen Körper und sämtliche Organe ausbreiten kann. Es zählt zu den rheumatischen Erkrankungen und gilt als Kinderkrankheit, die hierzulande jedoch sehr selten vorkommt. Erwachsene und ältere Kinder sind kaum davon betroffen. Überwiegend Kleinkinder zwischen 2 und 5 Jahren erkranken am Kawasaki-Syndrom, manchmal auch Säuglinge.

Die Krankheit wurde nach dem japanischen Arzt Tomisaku Kawasaki benannt. In den 1960er Jahren entdeckte er das eigenartige Fieber-Syndrom, das überwiegend in Asien auftritt. In Deutschland ist die Häufigkeit der Kawasaki-Erkrankungen mit etwa 9 von 100.000 Kindern eher gering. Allein in Japan erkranken 20-mal mehr Kinder, darunter doppelt so viele Jungen wie Mädchen. Eine Erkrankung kann bei Säuglingen und Kleinkindern zu schweren Schädigungen des Herzens führen und sollte unbedingt schnellstmöglich von einem Arzt behandelt werden.

Was sind die Ursachen des Kawasaki-Syndroms?

Bisher ist die Ursache des Kawasaki-Syndroms noch nicht eindeutig geklärt. Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass der Auslöser ein Mykotoxin ist, also ein Pilzgift, das bei der Landwirtschaft entsteht. Der Erreger könnte sich durch die Luft übertragen und bei kleinen Kindern zu den typischen Symptomen führen. Die Inkubationszeit beträgt nur einen Tag, was dafür spricht, dass tatsächlich eine akute Infektion hinter der Kinderkrankheit steckt. Das Immunsystem reagiert besonders stark auf den Erreger, weshalb sich Symptome am ganzen Körper zeigen.

Löst das Coronavirus das Kawasaki-Syndrom aus?

Mitte März bemerkte eine kalifornische Ärztin Kawasaki-Syndrom-ähnliche Symptome an einem sechs Monate alten Baby, bei dem zuvor ein Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus festgestellt worden war. Auch in anderen Ländern konnten Ärzte Kawasaki-ähnliche Krankheitsmerkmale bei Corona-infizierten Kleinkindern diagnostizieren.

Bislang ist jedoch noch nicht vollständig geklärt, ob eine Infektion mit Sars-CoV-2 bei Kindern verstärkt zum Kawasaki-Syndrom führen kann bzw. welche genauen Zusammenhänge bestehen.

Weitere mögliche Ursachen

Eine andere Theorie der Kawasaki-Syndrom-Forschung ist eine generelle Überreaktion der Körperabwehr, die eine Entzündung in den Gefäßen auslöst. Außerdem scheint das Kawasaki-Syndrom erblich zu sein. Da besonders in Japan häufiger Kinder von ehemaligen Kawasaki-Syndrom-Patienten erkranken, ist eine genetische Übertragung der Veranlagung recht wahrscheinlich.

In seltenen Fällen kann das Kawasaki-Syndrom nach einer Impfung gegen den Rotavirus auftreten. Diese Reaktion wurde vor allem bei Kindern in Westeuropa und den USA beobachtet.

Was sind die Symptome des Kawasaki-Syndroms?

Generell deutet bereits der erste Eindruck eines betroffenen Kindes auf eine schwerwiegende Krankheit hin. Die Kinder sind antriebslos und schlapp, wollen sich kaum bewegen und sind in einem schlechten Zustand. Erste Anzeichen für das Kawasaki-Syndrom sind:

  • hohes Fieber von über 39 °C, meist über mehr als 5 Tage
  • Hautausschlag (Exanthem) auf Brust, Bauch und Rücken
  • Hautausschlag an den Fußsohlen und Handflächen
  • Entzündung der Blutgefäße
  • Schwellung der Lymphknoten am Hals
  • Ausschlag der Mundschleimhaut (Enanthem)
  • glänzende, gerötete Lippen (Lacklippen)
  • Schwellung und Rötung der Zunge (Himbeerzunge oder auch Erdbeerzunge genannt)
  • Bindehautentzündung an beiden Augen, jedoch ohne Eiterbildung
  • allgemeines Krankheitsgefühl (begleitet z.B. von Schüttelfrost, Durchfall, Erbrechen)

Nach 2 bis 3 Wochen schuppt sich die Haut an den Fingern und Zehenspitzen und beginnt sich abzupellen. Die Symptome müssen nicht alle gleichzeitig auftreten, das Kawasaki-Syndrom kann in äußerst seltenen Fällen sogar ohne Fieber oder Ausschlag verlaufen. Durch die Lymphknotenschwellung wird das Kawasaki-Syndrom auch als „mukokutanes Lymphknotensyndrom“ bezeichnet.

Schädigung des Herzens

Am meisten von der Entzündung betroffen sind die Herzkranzgefäße, weshalb im weiteren Verlauf auch Spätfolgen des Kawasaki-Syndroms auftreten können. Nach ungefähr vier Wochen machen sich erste Schäden am Herzen bemerkbar, etwa durch Herzrhythmusstörungen oder aussetzenden Herzschlag. Oft bilden sich Aussackungen an den Gefäßen, sogenannte Aneurysmen. Sie können zu schweren Folgeschäden wie Herzinfarkt oder Rissen der Gefäßwände führen.

Wie erkennt der Arzt das Kawasaki-Syndrom?

Da die ersten Symptome des Kawasaki-Syndroms wie Fieber und Ausschlag auch auf andere Krankheiten wie Masern oder Scharlach hindeuten können, wird der Arzt vorerst eine Antibiotika-Therapie verordnen. Werden die Beschwerden dadurch nicht besser, sollte der Arzt die Symptome genauer betrachten. Treten neben dem hohen Fieber mindestens 4 der folgenden 5 Kriterien auf, liegt der Verdacht auf Kawasaki-Syndrom nahe:

  • Hautausschlag am Körper
  • Hautausschlag an Handflächen und Fußsohlen
  • Himbeerzunge
  • Lymphknotenschwellung
  • Bindehautentzündung

Spezielle Labortests, um das Kawasaki-Syndrom nachzuweisen, gibt es nicht. Die Diagnose Kawasaki-Syndrom kann durch zusätzliche Untersuchungen unterstützt werden:

  • Blutbild: Da die Blutwerte keinen Aufschluss über den Kawasaki-Syndrom-Erreger geben, dient die Blutuntersuchung dazu, die üblichen Krankheiten mit ähnlichen Symptomen (wie Scharlach oder Masern) auszuschließen. Einzig die Entzündungswerte können auf die Kawasaki-Erkrankung hindeuten.
  • Rachenabstrich: Ein Rachenabstrich dient ebenfalls dazu, andere Krankheiten auszuschließen.
  • EKG: Hat die Erkrankung bereits zur Schädigung der Blutgefäße und des Herzens geführt, zeigt das EKG entsprechende Unregelmäßigkeiten, beispielsweise Ausstülpungen oder Risse der Gefäße.
  • Ultraschall des Herzens: Auch ein Ultraschall zeigt den Zustand und mögliche Schädigungen der Blutgefäße an.

Wie wird das Kawasaki-Syndrom behandelt?

Das Kawasaki-Syndrom selbst kann nicht behandelt werden, da der Erreger nicht bekannt ist. Deshalb steht die Behandlung der Symptome im Vordergrund. Die Therapie des Kawasaki-Syndroms verläuft meist durch die Gabe von Medikamenten gegen die Beschwerden. Acetylsalicylsäure, abgekürzt ASS oder auch Aspirin genannt, wird oft zur Senkung des Fiebers und gegen die Blutgerinnung verabreicht.

In den letzten Jahren hat sich die Antikörper-Therapie durch Immunglobulin bewährt, bei der das Immunsystem wieder aufgebaut wird und so die Entzündungen besser bekämpfen kann. Tritt zwei bis drei Tage nach Beginn der Therapie noch immer keine Besserung ein, kann der Arzt eine Behandlung mit Kortison anordnen. Im Schnitt dauert die Erkrankung 2 bis 12 Wochen, je nachdem, wie schnell die Therapie begonnen hat.

Die beste Vorsichtsmaßnahme: Überwachung im Krankenhaus

Um beim Auftreten von Komplikationen schnell handeln zu können, empfiehlt sich die Betroffenen in einem Krankenhaus medizinisch zu überwachen. Denn bei Herzschwäche, Blutungen, Verstopfung der Gefäße oder einem Herzinfarkt zählen oft Sekunden. Am besten sind die Patienten in einem Krankenhaus aufgehoben, bis die Symptome abgeklungen sind.

Auch Monate nach der akuten Erkrankung sollten Kontrolluntersuchungen des Herzens durchgeführt werden, um beispielsweise eine Herzmuskelentzündung, Aussackungen der Gefäßwände oder eine Fehlfunktion der Herzklappen zu erkennen. Besonders ein Aneurysma kann plötzlich zu heftigen Komplikationen führen und sogar tödlich enden. Treten bereits im frühen Krankheits-Stadium Herzschäden auf, kann beispielsweise ein Herzkatheter gelegt werden.

Wie kann ich einem Kawasaki-Syndrom vorbeugen?

Da sich die mutmaßlichen Erreger des Kawasaki-Syndroms über sehr weite Entfernungen über die Luft verbreiten, ist es kaum möglich, sich davor zu schützen. Auch gegen eine Überreaktion des Abwehrsystems lässt sich schwer vorbeugen. Außerdem ist die Krankheit nicht ansteckend, die Personen im näheren Umkreis der Betroffenen sind nicht gefährdet. Die rätselhaften Umstände des Kawasaki-Syndroms lassen bisher keine eindeutige Empfehlung für mögliche Vorsorgemaßnahmen zu.

Wie sind die Heilungschancen bei Kawasaki-Syndrom?

Werden die Symptome schnell richtig gedeutet, liegen die Heilungschancen des Kawasaki-Syndroms bei 99,5 Prozent. Vor allem wenn die Behandlung innerhalb der ersten 10 Tage nach Auftauchen der Symptome beginnt, lassen sich Schäden am Herzen vermeiden. Die Prognose auf eine komplette Heilung ohne Komplikationen ist somit sehr gut.

Wird das Kawasaki-Syndrom jedoch nicht frühzeitig behandelt, endet es in 1 bis 2 Prozent der Fälle sogar tödlich. Bleibende Herzfehler können ebenfalls auftreten, wenn die Erkrankung nicht schnell genug erkannt wird. Am häufigsten kommt es bei erkrankten Kindern zu Herzmuskelentzündungen oder Schäden der Herzkranzgefäße, was zu einem Herzinfarkt führen kann – eventuell auch erst in späteren Jahren.

Risiko für Herzprobleme bleibt

Etwa zwei Drittel der durch das Kawasaki-Syndrom entstandenen Aneurysmen bilden sich innerhalb eines Jahres zurück. Dennoch besteht lebenslang ein Restrisiko für Herzprobleme. Wer im Kindesalter unter dem Kawasaki-Syndrom gelitten hat, sollte deshalb auch in späteren Jahren regelmäßige Nachsorge-Untersuchungen machen. Denn die Schädigung der Herzkranzgefäße kann auch im Nachhinein noch zu Folgeerkrankungen am Herzen führen.

Allgemein gilt jedoch: Je früher ein Arzt das Kawasaki-Syndrom erkennt und richtig behandelt, umso besser ist die Prognose auf eine komplette Heilung. Außerdem sinkt die Wahrscheinlichkeit auf nachhaltige Schäden der Herzgefäße.

Prominenter Kawasaki-Syndrom-Fall

Ein prominenter Fall, der die Gefahr der Spätfolgen deutlich macht, ist der plötzliche Tod des Sohnes von Hollywood-Star John Travolta. In seiner Kindheit litt Jett Travolta unter dem Kawasaki-Syndrom und hatte seitdem mit Krampfanfällen zu kämpfen. Im Alter von 16 Jahren wurde er bewusstlos im Badezimmer eines Urlaubshotels aufgefunden und verstarb auf dem Weg ins Krankenhaus.

Quelle