Bisher gab die Regierung fast 32 Millionen Euro als Corona-Sonderförderung für österreichische Medien aus. Kritiker sehen das als Investition in wohlwollende Berichterstattung. Tips-Chefredakteur Gruber sieht Zusammenhang mit Wien-Wahlen.
Boulevardmedien erhalten den Löwenanteil
Auf die Tageszeitungen entfallen davon rund 12,1 Millionen Euro, wobei für Unmut sorgte, dass das Geld nach der Auflagenzahl aufgeteilt wurde. Daher erhalten die drei größten Boulevardzeitungen des Landes auch insgesamt 6,3 Millionen Euro, mehr als die Hälfte der Förderungen für Tageszeitungen. Die „Krone“ erhält 2,72 Millionen Euro (bei einer Druckauflage von ca. 750.000 Exemplaren), das Gratisblatt „Heute“ 1,82 Millionen Euro und Fellners „Österreich“ 1,81 Millionen Euro.
Einige Medien beklagen die Ungerechtigkeit der Verteilung der Sonderförderung
Der Medienbeauftragte des Bundeskanzlers Gerald Fleischmann erklärte in einem Interview im Standard zu der Corona-Sonderförderung: „Mein Eindruck ist: Niemand ist ganz zufrieden – aber alle profitieren, das ist das Wichtigste.“
Allerdings scheinen nicht alle so zu profitieren, wie sie es sich erhofft hatten oder es regt sich der Futterneid. Denn jetzt sickern interessante Informationen durch, die darauf hindeuten, dass sich die Schwarzen untereinander nicht ganz grün beziehungsweise türkis sind. Anfang April beklagte bereits der „Tips“-Chefredakteur Josef Gruber in seinem Kommentar „Ungerechte Politik“, dass die „Tips“ – trotz einer Gesamtauflage von 865.213 Stück – bei der Ausschüttung der Sonderförderung leer ausgingen. Ebenso sei es, trotz vieler Versuche, nur ein einziges Mal gelungen, ein Inserat der Regierungskampagne zu erhalten, während andere Zeitungen täglich bis zu drei Seiten erhalten hätten.
Alles keine Zufälle, sondern gezielte Strategie von Kurz für die Wien-Wahl
Jetzt legte der „Tips“-Chefredakteur nach und plauderte aus dem Nähkästchen. Die Erklärung, wieso die Masse der Medienförderungen nach Wien fließen, seien laut Gruber, der sich auf Insiderinformationen beruft, die bevorstehenden Wahlen in Wien. Während Bundeskanzler Kurz die Wahl in Oberösterreich im nächsten Jahr bereits als gewonnen betrachtet, sieht er für die Wien-Wahl im Herbst noch Unterstützungspotential.
Wörtlich schrieb Gruber in der Ausgabe KW 20, erschienen am 13. Mai: „Warum alles nach Wien?
Warum mit 6,35 Mio. Euro ein so großer Brocken der Corona-Medienförderung an die Wiener Boulevardmedien „Krone“, „Österreich/Oe24“ und „Heute“ ging, die kostenlosen Regionalmedien aber ganz leer ausgingen, hat jetzt ein Insider ausgeplaudert. Während Bundeskanzler Kurz die nächstes Jahr in Oberösterreich stattfindenen Landtagswahlen in trockenen Tüchern sieht, will er für die Wien-Wahlen im Herbst damit für ÖVP-Rückenwind sorgen. Wozu die größte Krise der zweiten Republik also gerade recht kommt. Natürlich wird das von niemandem bestätigt, ja bestimmt dementiert.“
So liegt also der Verdacht nahe, dass die üppigen Corona-Hilfen für die Wiener Boulevardblätter ein Versuch von Bundeskanzler Kurz und der ÖVP sein könnten, sich auf Steuerzahlerkosten das Wohlwollen des Wiener Boulevards für die Wien-Wahl zu erkaufen. Vielleicht eine neue Masche der ÖVP-Strategen nicht wieder die Wahlkampfkostenobergrenze zu überschreiten…
Immerhin wird sich der „Tips“-Chefredakteur so etwas nicht einfach grundlos aus den Fingern ziehen.
Auch sonst fließt viel Geld in den Wiener Boulevard
So sind „Krone“, „Heute“ und „Österreich“ gerade die Medien, die auch sonst immer von Bund und Ministerien großzügig mit Inseraten bedacht werden. Im vorigen Jahr flossen an diese drei Zeitungen rund 44 Millionen Euro: Zwanzig Millionen Euro erhielt die „Krone“, zwölf Millionen Euro das Gratisblatt „Heute“ und weitere elf Millionen Euro „Österreich“.
Durch die ganzen Einschaltungen der Regierungskampagne zur Corona-Information dürfte es aber heuer wohl noch etwas mehr werden: „Schau auf dich, schau auf mich.“