Hund im heißen Auto: Darf ich die Scheibe einschlagen?

11.08.2020 17:25

Kein Sommer geht vorbei, ohne dass wir Schreckensmeldungen von im Auto verendeten Hunden lesen. Der Grund: Hitzetod. Woran Sie erkennen, wann ein Hund Hilfe braucht und wie Sie im Ernstfall richtig handeln.

Inhaltsverzeichnis

  • Unwissenheit wird zum Verhängnis
  • Schnell handeln - aber richtig!
  • Checkliste: So gehen Sie vor, wenn ein Hund im überhitzten Auto festsitzt

Trotz Aufklärungskampagnen der Feuerwehr und Tierschutzorganisationen wie dem Haustierzentralregister TASSO ("Hund im Backofen") sieht man immer wieder Hunde, die bei sommerlichen Temperaturen im Auto auf ihr Herrchen oder Frauchen warten. Wie schnell diese Situation bereits bei Außentemperaturen von 20 Grad Celsius lebensbedrohlich werden kann, zeigt diese Tabelle der Feuerwehr Warrenzin:

Unwissenheit wird zum Verhängnis

Erschreckend: Trotz umfangreicher Aufklärungsmaßnahmen und großer Medienpräsenz von Schreckensmeldungen werden immer wieder auch Kinder bei heißen Temperaturen im Auto gelassen. So sperrte zum Beispiel eine Texanerin ihre zweijährige Tochter und ihren einjährigen Sohn zur Strafe bei 33 Grad Celsius Außentemperatur im Auto ein. Die Kinder erlagen dem Hitzetod - weil die Mutter sich dieser großen Gefahr vermutlich nicht bewusst war.

Schnell handeln - aber richtig!

Wer Zeuge eines solchen Vorfalls wird und sieht, dass ein Kind trotz sommerlicher Temperaturen im geparkten Auto zurückgelassen wurde, hat das Recht - und die Pflicht! - sofort zu handeln. Nach dem Absetzen des Notrufs und dem vergeblichen Versuch, ein Elternteil ausfindig zu machen, sollten Sie, sofern das Auto nicht erkenntlich klimatisiert ist, das Kind aus dem Auto befreien. Eine eingeschlagene Fensterscheibe kann Ihnen rechtlich nicht zum Verhängnis werden, da das Wohlergehen des Kinder über dem Sachwert des Autos steht. Doch wie steht es um die Rettung eines Hundes aus einem überhitzten Auto?

Checkliste: So gehen Sie vor, wenn ein Hund im überhitzten Auto festsitzt

Die Rechtslage erfordert etwas mehr Vorsicht, wenn es sich um ein Tier handelt, das in einem Auto zu überhitzen droht. Auch wenn der Tierhalter, der seinen Hund im heißen Auto zurücklässt, mit Sanktionen nach dem Tierschutzgesetz rechnen muss, laufen Sie als Retter eines Hundes aus einem Auto Gefahr, schadensersatzpflichtig zu werden, wenn Sie beispielsweise ein Autofenster einschlagen, um den Hund zu retten. Um das zu vermeiden, sollten Sie deshalb folgende Schritte berücksichtigen:

  1. Wenn Sie bei sommerlichen Temperaturen (ab 20 Grad Celsius) einen Hund in einem Auto entdecken, sollten Sie zunächst feststellen, ob das Auto klimatisiert ist oder nicht. Viele pflichtbewusste Hundehalter machen anhand von Aufklebern oder Zetteln kenntlich, dass durch eine eingeschaltete Klimaanlage sichergestellt ist, dass es im Auto nicht zu heiß für den Hund wird. Achtung: Geöffnete Fenster reichen nicht aus!

  2. Ist nicht ersichtlich, ob die Klimaanlage eingeschaltet ist und hechelt der Hund bereits stark, sollten Sie umgehend versuchen, den Halter ausfindig zu machen. Angrenzende Supermärkte, das Haus, vor dem das Auto geparkt wurde oder ein Schwimmbad, auf dessen Parkplatz das Auto steht sind in dem Fall erste Anlaufstellen. Allerdings wird nicht von Ihnen erwartet, dass Sie viel Zeit für die Suche nach dem Halter aufwenden - schließlich steigt die Temperatur im Auto stetig an, wodurch die Situation für den Hund immer bedrohlicher wird.

  3. Können Sie den Halter nicht finden, sollten Sie spätestens jetzt einen Notruf absetzen. Zuständig ist hier die Polizei (110). Beschreiben Sie zunächst, wo sich das Auto befindet und wie sich der Hund verhält: Ist er bei Bewusstsein? Hechelt er sehr stark? Bellt er? Bleiben Sie am Auto stehen und warten Sie dort auf das Eintreffen der Polizei.

  4. Nach dem Absetzen des Notrufs sollten Sie die Situation dokumentieren. Auch später gut nachzuweisen ist die Gefahrensituation anhand eines Videos, dass Sie mit dem Smartphone aufgenommen haben. Auch Fotos oder Zeugenaussagen von Passanten sind hilfreich, wenn Sie zum nächsten Schritt übergehen müssen sollten:

  5. Den Hund eigenständig aus dem Auto befreien: "Wenn die körperliche Verfassung des Tieres erkennbar so schlecht ist, dass ein weiteres Zuwarten die unmittelbare Gefahr des Todes in sich birgen würde, liegt ein entschuldigender Notstand vor", so Rechtsanwältin Dr. Regina Schedlberger gegenüber planethund.com. Dieser entschuldigende Notstand bewirkt, dass Ihnen keine rechtlichen Konsequenzen wie Schadensersatzforderungen oder ähnliches drohen, wenn Sie die Scheibe des Autos einschlagen. Jedoch erfordert das, dass der Schaden am Auto möglichst gering bleibt und der Zustand des Hundes nachweislich so schlecht war, dass umgehend gehandelt und nicht auf die Rückkehr des Halters oder das Eintreffen der Rettungskräfte gewartet werden konnte. Zum Einschlagen der Scheibe sollten Sie einen spitzen, festen Gegenstand verwenden (zum Beispiel einen spitzen Hammer oder gar einen Nothammer). Schützen Sie Ihre Hände und Augen und schlagen Sie vorrangig auf die Ecken der Scheibe. Wenn die Scheibe zerbrochen ist, greifen Sie vorsichtig durch das offene Fenster, entsperren die Tür und befreien so den Hund.

  6. Achten Sie genau auf den Zustand des Hundes: Ist er schlaff, kann sich jedoch auf den Beinen halten, so gehen Sie mit ihm in den Schatten, geben ihm wenn möglich etwas zu trinken (lauwarmes Wasser; auf keinen Fall eiskaltes!) und kühlen mit feuchten Tüchern zunächst seine Beine und dann dem Rumpf. Aber Vorsicht: Es kann sein, dass der Hund verängstigt ist und sich nicht anfassen lässt. In dem Fall stellen Sie lediglich fest, dass der Hund nicht davonlaufen kann und warten auf das Eintreffen der Rettungskräfte. Wenn der Hund bewusstlos ist, tragen Sie ihn wenn möglich in den Schatten, legen Sie ihn auf die Seite und kühlen Sie mit feuchten Tüchern erst seine Beine und dann den restlichen Körper. Nun sollten Sie vorsichtig versuchen, seinen Rachen mit Wasser zu befeuchten. Ziehen Sie dafür behutsam die Lefze hoch und gießen Sie etwas Wasser in den Mund des Tieres. Achtung: Nicht zu viel, da der Hund ersticken könnte. Achten Sie unbedingt darauf, dass der Kopf des Hundes auf der Seite liegt.

  7. Wenn möglich sollten Sie den Hund anleinen. Eine Leine befindet sich wahrscheinlich im Fahrzeug. Da der Hund panisch reagieren könnte, ist es sinnvoll, ihn an einer Laterne oder ähnlichem festzubinden und aus sicherer Entfernung auf Hilfe zu warten.

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