Homophob und rassistisch: UN-Organisation kritisiert Berichte über Affenpocken

24.05.2022 12:21

Sind die Affenpocken das neue Aids? Zumindest was Übertragungswege und Stigmata angeht, haben die Krankheiten etwas gemein. Eine UN-Organisation befürchtet nun eine neue rassistische und homophobe Angriffswelle. Unterdessen steigt die Zahl der Verdachtsfälle in Europa und in Deutschland.

Die UN-Organisation Unaids hat einige Berichte und Kommentare über Affenpocken-Fälle als homophob und rassistisch kritisiert. Eine Stigmatisierung der Virusinfektion könne den "Kampf gegen die Epidemie schnell untergraben", warnte die Organisation deshalb am Sonntag. Zwar betreffe ein großer Teil der bislang bestätigten Fälle von Affenpocken Schwule, Bisexuelle oder andere Männer, die Sex mit Männern haben, doch die Krankheit könne durch engen Kontakt mit einer infizierten Person übertragen werden und "somit jeden treffen".

Die UN-Organisation fürchtet, dass Stigmata und Vorwürfe schnell die auf Wissenschaft und Fakten basierenden Bemühungen zur Bekämpfung der Krankheit beeinflussen können. Rassistische oder homophobe Angriffe "schaffen einen Kreislauf der Angst". Dieser bringe Menschen dazu, Gesundheitszentren zu meiden, womit sich die Ausbreitung schlechter einschränken lasse, erklärte Unaids. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bis Samstag über 90 Infektionen in Ländern bestätigt, in denen das in West- und Zentralafrika heimische Virus normalerweise nicht auftritt.

"Geschehen mit internationaler Verbreitung"

In Deutschland wurden bisher drei Infektionsfälle wurden nachgewiesen – nach dem ersten in Bayern folgten am Samstag zwei weitere in Berlin. Auch in Österreich bestätigte sich der erste Verdachtsfall. Und das deutsche Bundesgesundheitsministerium erwartet weitere Fälle. "Aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten ist in Europa und auch in Deutschland mit weiteren Erkrankungen zu rechnen", heißt es in einem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestages. Mit Stand von Sonntagnachmittag gebe es inzwischen vier bestätigte Infektions- und Erkrankungsfälle in Deutschland – einen in München und drei in Berlin. Proben weiterer Personen seien in Abklärung. Kontaktpersonen würden ermittelt.

"Es handelt sich inzwischen um ein Geschehen mit internationaler Verbreitung", heißt es in dem Ministeriumsbericht weiter, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In zahlreichen Ländern seien mehr als 130 bestätigte Fälle und Verdachtsfälle nachgewiesen, "Tendenz täglich steigend". Bisher sei bei den in Europa festgestellten Infektionen die westafrikanische Affenpocken-Variante nachgewiesen worden, weitere Genomanalysen liefen jedoch noch.

Um mögliche Erkrankungen zu registrieren und die Weiterverbreitung zu verhindern, sollten diagnostizierte Infektionsfälle systematisch erfasst und isoliert werden. Diese sollten von Ärztinnen, Ärzten und Laboren gemäß dem Infektionsschutzgesetz gemeldet werden.

RKI: Gefahr für Bevölkerung gering

"Eine Pockenimpfung schützt vermutlich auch vor Affenpocken", erläutert das Ministerium weiter. In der Bundesrepublik sei sie bis 1975 für Einjährige Pflicht gewesen, in der DDR sei eine Impfpflicht 1982 aufgehoben worden. Die Bundesregierung hat laut dem Bericht etwa 100 Millionen Dosen Pockenimpfstoff eingelagert. Davon seien zwei Millionen Dosen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gespendet und für sie eingelagert worden. Inwieweit eine Pockenimpfung für Kontaktpersonen und Risikogruppen empfohlen werde, sei noch Gegenstand der fachlichen Abklärung.

Das Ministerium verweist auf die bereits veröffentlichte Risikoeinschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI), wonach eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland nach derzeitigen Erkenntnissen als gering eingeschätzt wird.

Das Virus verursacht nach Angaben von Gesundheitsbehörden meist nur milde Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hautausschlag. Affenpocken können aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen, in Einzelfällen sind tödliche Erkrankungen möglich. Übertragen wird der Erreger vor allem über direkten Kontakt oder Kontakt zu kontaminierten Materialien.

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