Knapp 1.135 Mrd. Euro Steuergeld der EU-Mitglieder will die EU-Kommission in den nächsten sieben Jahren ausgeben. Dazu noch 750 Mrd. Euro für den Corona-Wiederaufbaufonds. Das viele Geld dient, in letzter Konsequenz, der Aufrechterhaltung des Euro und damit der EU.
Seit finanzschwache EU-Länder wie Italien, Spanien, Portugal und Griechenland der Eurozone beitraten, findet in der Union eine gigantische Geldumverteilung von derzeit 11 Nettozahlern zu 15 Nettoempfängern statt. Ohne diese Förderung des „Zusammenhaltes“ würden der Euro und die EU scheitern.
Viel Geld verschlingen auch die ungelösten Krisen der letzten 10 Jahre: die Eurokrise von 2010, die Migrationskrise von 2015 und jetzt die Corona-Krise. Zudem verliert Brüssel wegen des Brexits 12–14 Mrd. Euro an Beiträgen.
Jährlich bald 4 Mrd.
Weil aber auch die Mitgliedstaaten – blindlings oder auf anderweitigen Druck – immer mehr Aufgaben (Souveränität) der EU überließen, fordert Brüssel von ihnen höhere Beiträge. Statt bisher 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens sollen es künftig 1,11 Prozent sein.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz schwang anfangs die Vetokeule gegen eine Beitragserhöhung. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nannte das „uneuropäisch“. Mittlerweile lenkte Kurz ein. Der Verhandlungsspielraum liege irgendwo zwischen 1 und 1,11 Prozent, hieß es.
In den letzten Jahren zahlte Österreich jährlich rund 3 Mrd. Beiträge in die EU-Kasse. Werden die Beiträge erhöht, steigen sie laut Schätzungen von EU-Behörden im Jahr 2027 auf 4,08 Mrd. Euro.
Extra zu zahlen sind separat ausgehandelte Beiträge an den Europäischen Entwicklungsfonds und den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung.
Eine Einigung über den Budgetrahmen 2021–2027 soll bis Herbst stehen. Sie muss einstimmig sein und braucht die Zustimmung des EU-Parlaments.
Die jährlichen Haushaltsbudgets innerhalb dieses Rahmens werden separat verhandelt. Zuständiger Kommissar für den EU-Haushalt ist seit Dezember 2019 der Österreicher Johannes Hahn (ÖVP).
EU will neue Geldquellen
Im Gegensatz zu ihren Mitgliedern darf die EU keine Schulden machen. Der Haushalt muss immer ausgeglichen sein. Sie ist also von den Beitragszahlungen der Mitglieder abhängig, hat darauf aber einen Rechtsanspruch. 75 Prozent der EU-Eigenmittel kommen aktuell von den Beiträgen der Mitglieder, entsprechend ihrer Wirtschaftskraft.
Rund 11 Prozent sind ein prozentueller Anteil der in den Mitgliedstaaten eingehobenen Mehrwertsteuer. Weitere ca. 11 Prozent sind „traditionelle“ Eigenmittel – insbesondere Zölle, die aber wegen der Liberalisierung des internationalen Handels immer weniger wurden. Dazu gibt es einen kleinen Anteil sonstiger Einnahmen. Die EU will deshalb ab 2020 neue Eigenmittel.
Projektbonds als Ausweg?
Das Eigenmittel-System der EU muss einstimmig beschlossen, von den nationalen Parlamenten ratifiziert und das EU-Parlament muss „angehört“ werden. Der Eigenmittel-Beschluss legt fest, welche Arten von Einnahmequellen die EU hat.
Seit dem Jahr 2000 wird er gleichzeitig mit dem mehrjährigen Finanzrahmen überarbeitet. Für die Zeit nach 2020 hat die EU drei neue Eigenmittel-Einkünfte vorgeschlagen.
Bei den Beitragszahlungen stoßen die Mitgliedstaaten aber allmählich an ihre Grenzen.
EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn brachte nicht zufällig erst kürzlich das Thema EU-Steuer aufs Tapet. Das wäre eine „Entlastung der Mitgliedstaaten“, meinte er. Laut Verträgen darf die EU selbst keine Steuern einheben, sie hat keine „Ertragskompetenz“.
Eine eigene EU-Steuer würde ihr zudem eine staatsähnliche Form verleihen.
Die EU darf also keine Steuern einheben und keine Schulden machen, also sich kein Geld am Finanzmarkt ausborgen.
Mit einer Ausnahme, die in den 1970er-Jahren eingeführt wurde: Projektbonds, vor allem für Infrastrukturprojekte, die von privaten Investoren ausgegeben werden, aber mit Geld aus dem EU-Haushalt als Risikopartner besichert sind. Beteiligungspartner ist dabei die Europäische Investitionsbank (EIB).
Die Schuldentricks
Im Gegensatz dazu stehen die heiß umstrittenen Eurobonds: Das sind Anleihen – also Schulden –, die zugunsten des EU-Haushaltes aufgenommen werden. Die EU-Mitglieder müssten dafür gemeinsam bürgen.
Diese Variante ist laut Verträgen nicht erlaubt. Im Verlauf der Eurokrise 2010 schlug Jean Claude Juncker, damals Vorsitzender der mächtigen Euro-Gruppe, diese Variante vor: Gemeinschaftsanleihen (Schulden) sollen als „Hilfe“ für finanziell schwach aufgestellte EU-Staaten aufgenommen werden.
Die Crux: Die finanziell stärkeren Länder zahlen und bürgen. EU-Kommission und EU-Parlament warben dafür. Deutschland und Frankreich lehnten das vehement ab.