2019 war kein gutes Jahr für Wildtiere. Das geht aus der am Stephanitag veröffentlichten Jahresbilanz des World Wide Fund for Nature (WWF) Österreich hervor. Klimakrise, Lebensraumzerstörung und Wilderei haben demnach dafür gesorgt, dass die Internationale Rote Liste auf über 30.000 bedrohte Tier- und Pflanzenarten angewachsen ist. Das sei ein trauriger Negativrekord. Besonders schlecht erging es Eisbären und Koalas. Aber auch die Population der Jaguare wurde durch die verherrenden Amazonas-Brände stark dezimiert.
Die globalen Bestände an Fischen, Vögeln, Säugetieren, Amphibien und Reptilien sind der Naturschutzorganisation zufolge in den vergangenen 50 Jahren um durchschnittlich 60 Prozent eingebrochen. Auch Österreich sei kein Vorbild und verliere drastisch an Artenvielfalt. Etwa ein Drittel der heimischen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten gilt als gefährdet.
Die großen Verlierer im Jahr 2019 laut WWF sind:
Eisbär: Bis 2050 könnte die Arktis im Sommer laut WWF komplett eisfrei sein. Doch Eisbären leben und jagen auf Packeis. Da ihr Lebensraum rapide schmelze, würden sie sich schon jetzt vermehrt auf dem Festland aufhalten. Angelockt von Nahrungsabfällen nähern sie sich dort menschlichen Siedlungen, was Konflikte verursache und oft mit einem Abschuss ende. Die Zahl der Eisbären sei auf Talfahrt, wie aktuelle Erhebungen der Weltnaturschutzunion IUCN belegen würden. Ein Drittel der globalen Population könnte bis 2050 verschwinden, fürchtet der WWF.
Koala: Den verheerenden Buschfeuern in Australien fielen Hunderte Koalas zum Opfer. Große Flächen an Eukalyptuswäldern, zugleich Lebensraum und Nahrungsgrundlage der Koalas, sind niedergebrannt. Doch auch ohne Großfeuer werde es für die Tiere immer enger. Australien rode jedes Jahr schätzungsweise 500.000 Hektar Wald. In den vergangenen 25 Jahren ist die Koala-Population um rund ein Drittel eingebrochen.
Jaguar: Eines von vielen Opfern der Regenwald-Brände im Amazonas ist laut der Naturschutzorganisation der Jaguar. Die Flammen zerstören insbesondere seine Reviere in Brasilien und Bolivien. Mindestens 500 Raubkatzen starben im Feuer oder wurden aus ihrem Lebensraum vertrieben. Dadurch nehmen Konflikte zu. Die Tiere fliehen in andere Gebiete, auch in die Nähe von menschlichen Siedlungen, wo sie häufig erschossen werden.
Kaiserpinguin: Schreitet die Erderhitzung laut WWF in diesem Tempo voran, könnte die Population der Kaiserpinguine bis 2100 um 86 Prozent abnehmen, wie Untersuchungen des Ozeanografischen Forschungsinstituts WHOI prognostizieren. Das für die Pinguine überlebenswichtige Packeis schmilzt. Den Tieren fehle zunehmend Lebensraum zur Jagd und als Schutz vor Feinden. Bereits jetzt beobachten Forscher einen massiven Rückgang der Population und weniger überlebende Jungtiere.
Sumatra-Nashorn: In Malaysia ist das letzte Sumatra-Nashorn eines natürlichen Todes gestorben. In Indonesien gibt es derzeit nach WWF-Schätzungen nicht einmal mehr 80 Tiere, verteilt auf neun isolierte Populationen. Die Nashörner kämpfen mit drastischem Lebensraumverlust, da Wald für Palmölplantagen, Papierproduktion und Bergbau gerodet wird. Außerdem fallen zahlreiche Tiere der Wilderei zum Opfer.
Jangtse-Riesenweichschildkröte: Das letzte bekannte Weibchen der Jangtse-Riesenweichschildkröte verstarb dieses Jahr in einem chinesischen Zoo. Nun lebt nur noch ein männliches Exemplar im Zoo in Suzhou. In Vietnams freier Wildbahn gibt es dem WWF zufolge lediglich zwei weitere Exemplare, deren Geschlecht allerdings unbekannt ist.
Die Gewinner des Jahres 2019:
Elefanten in Myanmar: Noch 2017 wurde in Myanmar fast wöchentlich ein Elefant wegen seiner Haut getötet, die in dem südostasiatischen Land zu Hautcremes verarbeitet wird. Der WWF intensivierte nach eigenen Angaben seine Arbeit zur Eindämmung der Wilderei. In den Regionen Bago und Yangon wurden überhaupt keine Elefanten mehr illegal erlegt. In Irrawaddy hat sich die Zahl gewilderter Elefanten von 16 auf sieben mehr als halbiert.
Saiga-Antilope: Tausende mongolische Saiga-Antilopen fielen 2017 einem tödlichen Virus zum Opfer, der von Schaf- und Ziegenherden übertragen wird. Die Seuche und der folgende harte Winter waren fatal. Die Population schrumpfte von 11.000 auf 3000 Tiere. Mittlerweile zeigen die ersten Saigas Immunität gegen den gefährlichen Krankheitserreger, wodurch die Population wieder wachse.
Sehuencas-Wasserfrosch: Als Letzter seiner Art lebte ein männlicher Sehuencas-Wasserfrosch fast zehn Jahre alleine in einem Aquarium des Naturhistorischen Museums Alcide d‘Orbigny in Bolivien. Im Zuge einer gezielten Suchaktion fand man in den Nebelwäldern des Landes ein weibliches Pendant. Durch zahlreiche Nachkommen könnte die schwindende Art nun doch erhalten bleiben.
Goldschakal: Da er wärmere Temperaturen bevorzugt, breitet sich der Goldschakal von seiner angestammten Region in Südosteuropa in die zunehmend milder werdende Mitte des Kontinents aus. Seine Population übersteige in Europa momentan die des Wolfs um das Siebenfache. Auch im Osten Österreichs gibt es laut WWF regelmäßige Sichtungen. Was für Artenschützer ein Grund zur Freude ist, würden Niederösterreich und das Burgenland zum Anlass nehmen, die europaweit streng geschützte Art zu bejagen, kritisierte die Naturschutzorganisation. Obwohl der Erhaltungszustand immer noch ungünstig sei.
Hirschferkel: Das hasengroße Huftier galt für fast 30 Jahre als verschollen. Im November 2019 sind mehrere Vietnam-Kantschile aus der Familie der Hirschferkel im Südosten Vietnams in Kamerafallen getappt. Die Region gehört zum Annamiten-Gebirge, einer der artenreichsten Regionen der Erde.