Demos gegen die AfD: Drei Dinge, die jetzt passieren müssen

23.01.2024 10:15

Die Demos gegen rechts werden die AfD keine einzige Stimme kosten. Aber sie können trotzdem ein Wendepunkt sein, wenn man drei Dinge beherzigt.

Machen wir uns nichts vor. Wer glaubt, dass die Massenproteste gegen die AfD auch nur einen einzigen überzeugten Wähler dieser Partei von seiner Meinung abbringen, ist schief gewickelt. 

Demnächst wird es wieder Umfragen geben, in denen die AfD stark abschneiden wird. AfD-Funktionäre werden diese höhnisch als Beleg feiern, dass die Demonstrationen nichts als Luftnummern waren. Doch sie irren sich.

Natürlich verschwindet die AfD nicht über Nacht, selbst dann nicht, wenn eine Million Menschen und noch mehr auf die Straße gehen. Sie ist ja auch nicht über Nacht gekommen. Sie verschwindet schon allein deshalb nicht, weil die Probleme, die sie erst groß gemacht haben, immer noch da sind.

Massenproteste durchkreuzen AfD-Narrativ

Deshalb ist es absurd, wenn Ampel-Politiker jetzt versuchen, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen. Diese Demonstrationen haben auch viel mit ihrer vermurksten Politik, mir ihrer Unfähigkeit zu kommunizieren und ihrem Mangel an Durchsetzungsfähigkeit zu tun.

Trotzdem haben die Proteste schon jetzt eine Sache fundamental geändert. Die AfD hat jahrelang von der Erzählung gelebt, sie spreche für eine "schweigende Mehrheit". Die Massenproteste durchkreuzen dieses Narrativ. Vielmehr legen sie nahe, dass die schweigende Mehrheit rein gar nichts von den feuchten Träumen der AfD von Ausgrenzung und Systemsturz hält.

Dieses Gefühl der Solidarität wird all jene stärken, die sich tagtäglich gegen Extremismus einsetzen und dabei oft ihre Gesundheit riskieren. Es stärkt aber auch die, die einen Migrationshintergrund haben und sich nicht erst seit Bekanntwerden der Deportationspläne von der Postdamer Geheim-Konferenz gefragt haben, wie lange sie wohl noch sicher in Deutschland leben können. Und nicht zuletzt ermutigt es alle, einzuschreiten, wenn sie rassistische Vorfälle in ihrem Alltag erleben. Sie wissen jetzt, dass da draußen viele sind, die auf ihrer Seite stehen.

Schluss mit der Ausschließeritis!

Doch natürlich werden die Proteste wieder abflauen und ist Selbstvergewisserung allein nicht nachhaltig. Diese drei Dinge müssen nun geschehen, damit der Aufstand der Anständigen nicht wieder verpufft:

  1. Schluss mit der Ausschließeritis! Demokraten dürfen sich nicht spalten und nicht instrumentalisieren lassen. Genauso wie sich die Bauern gegen die Unterwanderung von rechtsextremen Kräften wehren müssen, müssen sich die Demonstranten gegen Versuche verwahren, von linksradikalen Gruppen vereinnahmt zu werden. Es ist falsch, wenn eine Mitorganisatorin der Münchner Proteste Stimmung gegen die CSU macht. Es war eine CSU-Politikerin, die nach der Potsdamer Konferenz als eine der ersten in Bayern eine Brandrede gegen die AfD hielt: die Oberbürgermeisterin von Augsburg, Eva Weber. 

    Ebenso problematisch ist es, die Demonstrationen als "Proteste gegen rechts" zu labeln. Denn auch wenn historisch der Begriff "rechts" oft mit "rechtsradikal" gleichgesetzt wird, so benutzen ihn linke Aktivisten auch gern, um alles rechts der Mitte abzuwerten. CDU und CSU sind aber wichtige Partner im Kampf gegen Rechtsextreme. 

    Deshalb gilt: Diese Proteste richten sich nicht gegen andere Demokraten, sondern gegen die Feinde der Demokratie. Demokraten müssen jetzt zusammenstehen, auch wenn sie sonst in vielen Fragen auseinander liegen. 

  2. Es muss sich etwas ändern! Die Ampel sollte diese Proteste sehr ernst nehmen, und zwar als letzte Chance, ihre Politik zu ändern. Arroganz und klugscheißendes Wir-wissen-es-besser ist jetzt fehl am Platz. Ein Anfang wäre, Fehler öffentlich zuzugeben und Besserung zu geloben. Ein Fortschritt, eine konsequente Migrationspolitik zu verfolgen und zugleich dafür zu sorgen, dass die Bürger und Bürgerinnen den Staat im Alltag als Hilfe und nicht als Behinderung erleben. Wenn ein Flüchtling, der 62 Delikte begangen hat, immer noch frei herumläuft, und Clan-Mitglieder der Justiz auf der Nase herumtanzen, dann ist das ebenso wenig nachvollziehbar, wie wenn eine gut integrierte Familie abgeschoben werden soll oder es Flüchtlingen bürokratisch schwer gemacht wird, Arbeit aufzunehmen. 

    3. Feiert die Zivilgesellschaft! Unser Land ist voll mit größeren und kleineren Initiativen, die sich – oft ehrenamtlich – dafür einsetzen, dass die Gesellschaft zusammenwächst und es den Menschen besser geht. Nur beachten wir sie kaum, weil wir viel zu sehr mit denen beschäftigt sind, die aus Polarisierung und Spaltung ein Geschäftsmodell gemacht haben. Lenken wir den Blick auf die, die sich um unsere Gesellschaft jeden Tag aufs Neue verdient machen. Sie haben all unsere Unterstützung verdient.

Die Proteste gegen die AfD mögen diese keine Stimme kosten. Aber sie können Nichtwähler an die Urnen bringen und dazu führen, dass Menschen sich auch in Zukunft mehr gegen die wehren, die uns aufeinander hetzten wollen. Dann klappt's auch mit der Demokratie.

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