Darum greifen Krähen vermehrt Menschen an

08.06.2023 13:16

Es sind Szenen, die an den Hitchcock-Klassiker „Die Vögel“ aus dem Jahr 1963 erinnern: ahnungslose Passanten, die auf der Straße von Krähen angegriffen werden. Im Sturzflug sausen die Vögel auf ihre Opfer herunter – immer wieder. In letzter Zeit häufen sich die Berichte solcher Krähen-Angriffe. Doch was hat es damit auf sich?

Alleine der Anblick der stattlichen schwarzen Vögel mit den großen, spitzen Schnäbeln wirkt auf viele Respekt einflößend. Da hilft es nicht, dass sich die Meldungen über Krähenangriffe in den letzten Wochen häufen – auch hier in Deutschland. So musste im bayrischen Passau erst kürzlich eine 32-Jährige in einem Krankenhaus behandelt werden, nachdem die Radfahrerin von einer Krähe angegriffen wurde und beim Versuch auszuweichen, stürzte. Und auch das Video eines Berliners, der im Osten der Stadt der hinterrücks von einer Krähe angegriffen wurde, ging in den sozialen Medien viral. Hinzu kamen Berichte von vier besonders aggressiven Nebelkrähen, die in Berlin-Wilmersdorf den Unterricht einer Jugendverkehrsschule massiv behinderten. Die Liste lässt sich noch weiterführen, aber was steckt hinter diesen Attacken?

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Was steckt hinter den Angriffen auf Menschen?

Die aktuell zunehmenden Vorfälle sind weder Zufall noch Laune der Natur, sondern hängen mit der Brutzeit und den ersten Schritten beziehungsweise Flügelschlägen der Jungvögel in Richtung Selbstständigkeit zusammen. „In der Regel ist es darin begründet, dass sie ihre Brut oder Jungvögel verteidigen wollen“, sagt Martin Rümmler vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Berlin. Ein solches Verhalten sei vor allem von Greifvögeln wie dem Mäusebussard und Krähen bekannt. Dabei komme es immer wieder zu Situationen, in denen sich Menschen unwissentlich den Jungvögeln nähern und deshalb von den besorgten Vogeleltern attackiert werden.

Bei den Angriffsflügen kommt es aber nur selten zu direktem Körperkontakt zwischen Mensch und Vogel, heißt es von Experten. Vielmehr gehe es darum, den vermeintlichen Angreifer abzuschrecken und zu vertreiben – ohne Kampf und ohne Verletzungen. Ab einem gewissen Alter der Jungvögel erlischt dieses Beschützerverhalten der Altvögel. Warum sich aktuell die Berichte über Krähen-Angriffe häufen, liegt also zum einen an der Saison. Zum anderen aber auch daran, dass die Krähen-Population in Großstädten zugenommen hat, heißt es vonseiten des Nabu. Demnach sei in den letzten 25 Jahren ihr Brutbestand in Berlin um weit über 50 Prozent gewachsen. Das habe wiederum zur Folge, dass Mensch und Vogel vermehrt aufeinandertreffen.

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Krähen Angriffe fliegen

Allerdings gibt es auch andere Gründe, warum Krähen solche Sturzflüge auf Menschen und Tiere unternehmen: Zum einen könne es ein ausgeprägter Spieltrieb sein, bei dem die Vögel gezielt Hunde und Katzen ärgern wollten, erklärt der Nabu auf seiner Webseite. Ein weiterer Grund könne aber auch Futterzahmheit sein. Konkret bedeutet das, dass es Krähen gibt, die Menschen als „Futtergeber“ sehen und dann teilweise aufdringlich um Futter bettelten und auch mal aggressiv werden, wenn es nichts zu futtern gibt. Deshalb raten Experten vom Nabu tunlichst davon ab, Krähen zu füttern, da dies „die Vögel zu aggressiven, Futter verlangenden Tyrannen machen“ könne.

Vor aggressiven Krähen auf Futtersuche warnte erst kürzlich die Stadt Berlin auf ihrer Web-Seite. So verwüsteten hungrige Krähen nach zu langer Trockenzeit diverse Friedhöfe in Marzahn-Hellersdorf. „Weil der Boden der Grabstellen in der Regel durch das Gießen recht feucht ist, finden die Krähen hier ein ausreichendes Nahrungsangebot. Auf der Suche nach Würmern und Insekten werden dann Pflanzen herausgerissen, Kerzenwachs gefressen und weitläufig auf dem Friedhof verteilt.“ Und das mit recht unschönen Folgen für die Friedhofsbesucher. „Oft sehen die Grabstellen dann aus, als seien sie durch Vandalismus zerstört worden“, heißt es vonseiten der Stadt.

Wie sollte man sich bei einer Vogel-Attacke verhalten?

Doch zurück zu den Vogel-Attacken: Wie sollte man sich verhalten, wenn man in die Nähe von Jungvögeln gekommen ist und die Eltern nun in Angriffshaltung gehen? „Kommt es zu einer Attacke, sollte man sich umgehend zurückziehen (und zwar in die Richtung, aus der man gekommen ist) und nicht weiter in Richtung Kinderstube vordringen“, schreibt Stefan Bosch auf der Seite des Nabu Baden-Württemberg. „Mit zunehmender Distanz nehmen die Attacken in der Regel ab bzw. hören ganz auf.“ Es gebe Hinweise, dass schnelle Bewegung bzw. Fortbewegung – wie Joggen oder Radfahren – Attacken provozieren. Das gilt wohl auch für das Herumfuchteln mit den Armen. Ruhig und geduldig bleiben, raten die Experten und in der Brutzeit Vogelnestern und Jungvögeln gar nicht erst zu nähern.

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