Darmflora und Depression hängen zusammen

12.09.2023 11:52

Die Darmflora kann sich auf Ihr seelisches Wohlbefinden auswirken.

Die Darmflora und Depression stehen vermutlich in einer Wechselwirkung: Studien geben Hinweise darauf, dass Depressiven möglicherweise bestimmte Bakterien im Darm fehlen.

Seit einigen Jahren steht die menschliche Darmflora, das sogenannte Mikrobiom, im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Im Darm siedeln mehr Mikroben als es Zellen in Ihrem Körper gibt. Billionen dieser Mikroorganismen unterstützen Ihre Verdauung, schulen Ihr Immunsystem und wehren Krankheitserreger ab.

Zahlreiche Studien zeigen, dass Darmbakterien aller Wahrscheinlichkeit nach auch auf die Psyche wirken. Beispielsweise scheinen die Darmflora und Depressionen zusammenzuhängen. Wissenschaftler sprechen von der Darm-Hirn-Achse. Es gibt Hinweise, dass Darmbakterien an der Entstehung schwerer psychischer Krankheiten beteiligt sein könnten.

Der Zusammenhang zwischen Darmflora und Depression

In einer groß angelegten belgischen Studie untersuchten Forscher, wie die Zusammensetzung des Mikrobioms mit der psychischen Gesundheit in Verbindung steht. Dafür testeten sie mehr als 2000 Stuhlproben. Sie stammten von gut 1000 Patienten mit diagnostizierter Depression aus dem Flemish Gut Flora Project (FGFP). In diesem Projekt wird das Mikrobiom von Freiwilligen analysiert. Es zeigte sich, dass im Stuhl depressiver Menschen Bakterien der Gattungen Coprococcus und Dialister auffällig vermindert vorkamen.

Die Autoren räumen ein, dass es sich bei dem Studienergebnis aktuell um die Beobachtung zweier gleichzeitig auftretender Phänomene handle, aber was die Ursache für das veränderte Mikrobiom bei einer Depression ist, wisse man noch nicht. Die ungeklärten Fragen sind:

  • Führt die Depression dazu, dass die Darmbakterien fehlen?
  • Oder verursacht das Fehlen der Mikroben die Depression?
  • Ernähren sich Depressive womöglich anders, wodurch das Mikrobiom sich verändert?

Immerhin fanden die Forscher heraus, dass Coprococcus und Dialister auch im Darm von Patienten reduziert vorkommt, die noch keine Antidepressiva erhalten hatten. Das heißt, nicht die Psychopharmaka hatten die Zusammensetzung des Mikrobioms verändert.

Stoffwechselprodukte der Darmbakterien wirken im Gehirn

Die andere Frage ist, auf welche Weise die Darmbewohner einen Einfluss auf das Gehirn haben können. Wissenschaftler vermuten, dass sich die Stoffwechselprodukte mancher Bakterienarten auf das Gleichgewicht von Botenstoffen, sogenannten Neurotransmittern, im Gehirn auswirken könnten.

Das heißt: Darmbakterien bilden Substanzen, die das Funktionieren der Nervenzellen beeinflussen. Das ist weitgehend in Tierversuchen erforscht. Studien mit Menschen fehlen hier allerdings noch. 

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Der Darm besitzt ein eigenes „Gehirn“ 

Die Idee eines direkten Drahts zwischen der Psyche und der Verdauung ist nicht neu. Seit mehr als 100 Jahren ist bekannt, dass der Darm ein eigenes Netz aus Nervenzellen besitzt, das Enterische Nervensystem. Über den Vagusnerv ist es mit dem Gehirn verbunden.

Doch steckt die Erforschung des Mikrobioms des Darms und dessen Einfluss auf den Gehirnstoffwechsel noch in den Kinderschuhen. Bisher konnte noch keine Studie einen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden nachweisen. Die Idee, dass Darmbakterien oder ihre Stoffwechselprodukte unser Verhalten oder unsere Gefühle beeinflussen, ist faszinierend, bisher aber nur im Tierversuch getestet.

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