Bürgermeister von Mariupol wirft Russland Verschleppung von Zivilisten vor

22.03.2022 11:52

Mariupol ist eine der umkämpftesten Städte im Ukraine-Krieg. Nun wirft ihr Bürgermeister Russland vor, Bewohner der Stadt nach Russland zu bringen. Das russische Staatsfernsehen stellt das anders dar.

Die Ukraine hat ein Ultimatum des russischen Militärs zur Aufgabe der seit Wochen belagerten Hafenstadt Mariupol abgelehnt. Es gab zunächst keine Angaben zur weiteren Vorgehensweise russischer Truppen gegen die stark zerstörte Stadt, in der einige Hunderttausend Zivilisten eingeschlossen sind. "Was in Mariupol passiert, ist ein massives Kriegsverbrechen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag am Rande eines Außenministertreffens in Brüssel. Es werde alles zerstört, alles bombardiert und wahllos getötet.

Für Aufsehen sorgte am Wochenende, dass der Stadtrat von Mariupol Moskau vorwirft, Zivilisten gegen ihren Willen nach Russland gebracht zu haben. Im russischen Fernsehen liefen Berichte, viele Menschen aus Mariupol seien nach Russland geflohen. Zu sehen sind Menschen, die sich erleichtert zeigen, in Sicherheit zu sein. Die ukrainischen Behörden sprechen hingegen von Verschleppung.

Verschleppt Russland Einwohner von Mariupol?

Bürgermeister Wadym Bojtschenko vergleicht das Vorgehen mit dem Abtransport von Zwangsarbeitern während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. "Nicht nur, dass die russischen Truppen unser friedliches Mariupol vernichten, sie gehen noch weiter und haben begonnen, die Mariupoler aus dem Land zu bringen", sagte der 44-Jährige am Samstag laut dem Telegram-Kanal der Stadtverwaltung von Mariupol.

Die Menschen seien zunächst in Lager gebracht worden, wo "die Besatzer die Telefone und Dokumente der Menschen überprüften". Anschließend seien einige Menschen aus Mariupol in abgelegene Städte in Russland gebracht worden. Das Schicksal der anderen Menschen sei unbekannt, schreibt Bojtschenko. Er fordert: "Alle Kriegsverbrechen seitens Russlands sollten am strengsten bestraft werden."

Russland setzt ukrainischen Truppen Ultimatum

Russland hatte den ukrainischen Streitkräften in Mariupol am Sonntagabend bis Montag 4 Uhr MEZ Zeit gegeben, sich zu ergeben. Moskau fordere die ukrainischen Soldaten "und ausländischen Söldner auf, die Kampfhandlungen einzustellen, ihre Waffen niederzulegen und sich durch mit der ukrainischen Seite vereinbarte humanitäre Korridore in die von Kiew kontrollierten Gebiete zu begeben", sagte der Leiter des russischen nationalen Verteidigungskontrollzentrums, Michail Misinzew.

Das russische Verteidigungsministerium drohte den Verantwortlichen von Mariupol ansonsten an, sie vor ein "Kriegsgericht" zu stellen. Für Einwohner stünden "bequeme Busse" bereit, welche diese Richtung Russland oder – nach einer Einigung mit Kiew – in ukrainisch kontrollierte Gebiete transportieren könnten. In Mariupol sind fast 350.000 Menschen eingeschlossen. 

 

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