Bravo, Ampel! Fünf sinnvolle Maßnahmen aus dem Sparpaket

15.12.2023 10:35

Es ist nicht immer alles schlecht: Dass die Ampel die Lücken im Haushalt vor allem durch Sparmaßnahmen stopfen will, zieht zwar viel Kritik auf sich – doch es lassen sich durchaus sinnvolle Änderungen finden.

Inlandsflüge könnten teurer werden

Es ist nur ein kleines Teil im Sparmosaik der Ampel, aber es hat Symbolkraft: Die Bundesregierung plant dem Vernehmen nach, Subventionen im nationalen Luftverkehr zu streichen. Die Folge wären teurere Preise. Das mag ärgerlich sein, allerdings wären von teureren Tickets hauptsächlich Geschäftsreisende betroffen. Rund zwei Drittel der Inlandsflüge sind Dienstreisen, werden also von Unternehmen bezahlt. Und werden Flüge teurer, steigt der Anreiz auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen. Rein klimapolitisch betrachtet wäre dieser Schritt also sinnvoll.

Zu den Merkwürdigkeiten des Ampel-Kompromisses gehört, dass noch nicht ganz klar scheint, wie genau die Subventionen wegfallen. Im Wirtschaftsministerium heißt es, die Regierung wolle eine Kerosinsteuer einführen. Bislang ist der nationale Flugverkehr davon ausgenommen. Greenpeace jubelt schon. Es sei ein "kleiner Lichtblick" in den Beschlüssen, "dass Kerosin für den besonders klimaschädlichen Flugverkehr nicht länger steuerfrei" bleibe, sagt Lena Donat, Mobilitätsexpertin bei Greenpeace. Angesichts der rasant gestiegenen CO2-Emissionen im Flugverkehr sei dieser Schritt überfällig. 

Aber stimmt das überhaupt? Im Finanzministerium nimmt das Wort Kerosinsteuer bislang niemand in den Mund. Dort denkt man offenbar eher daran, den Absenkungsmechanismus bei der Luftverkehrsabgabe entfallen zu lassen, eine Art Steuerausgleich, wenn die Einnahmen aus dem Emissionshandel für den Luftverkehr steigen. Und so wird man sich wohl noch ein wenig gedulden müssen, um zu erfahren, wie der Weg auf diesem Feld genau aussehen wird. Teurer dürften die Tickets aber so oder so werden.

Die Finanzierung der Bahn wird umgestellt 

Es klingt erstmal wie ein Schocker: Die 12,5 Milliarden Euro, die im Klima- und Transformationsfonds für die Sanierung der Deutschen Bahn vorgesehen waren, werden gekürzt. Und das, obwohl die Generalsanierung des Netzes im kommenden Jahr losgehen soll: 4000 Kilometer Schiene sollen bis 2030 modernisiert werden, so der Plan von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Um die Pläne zu retten, soll eine neue Konstruktion helfen. Und die könnte durchaus sinnvoll sein, um endlich damit anzufangen, die Finanzierung der Bahn dauerhaft auf neue Füße zu stellen. Kernidee ist, Bundesbeteiligungen zu verkaufen, Aktien der Post zu Beispiel und der Telekom, um das Geld für die Bahn zu retten. Auch die profitable Logistik-Tochter der Bahn, Schenker, soll dafür wohl verkauft werden, dem Vernehmen nach ist ein Investor an einer Übernahme schon interessiert. Die durch die Verkäufe erzielten Milliarden sollen dann der Bahn zukommen, damit die dringend nötigen Investitionen doch noch fließen können.

Die Idee könnte ein Weg hin zu einer großen Reform sein, die die Bundesregierung ohnehin anstoßen will: eine neue Finanzierung des Schienennetzes. Bisher wird das Schienennetz aus fast 200 verschiedenen Quellen finanziert. Zu kompliziert, zu volatil, zu anfällig für Fehlanreize – so das Urteil der "Beschleunigungskommission Schiene" im vergangenen Jahr. Nötig seien zwei Fonds nach Schweizer Vorbild, um Erhalt sowie Aus- und Neubau von Strecken gewährleisten zu können – egal, wer regiert. Ausbau und Sanierung, so viel ist klar, sind dringend nötig. Die desaströse Unpünktlichkeit der Bahn muss ein Ende finden. Mehr als ein Fünftel der Fernzüge sind verspätet.

Die Prämie für E-Autos läuft aus

Dass die Umweltprämie für E-Autos Ende Dezember ausläuft, klingt zunächst schmerzlich. Experten wie Lobbyisten warnen reflexhaft vor einem Ende der ökologischen Verkehrswende. Dabei ist die Idee, E-Autos kräftig zu fördern, schon lange gescheitert. Das belegen die Zahlen. Der Bund wollte mit der Umweltprämie bis 2030 15 Millionen E-Autos auf die Straße bringen. Das ist mit Milliardensubventionen allein offenbar nicht zu schaffen. Sechs Jahre vor dem Zieldatum sind gerade einmal gut 1,3 Millionen E-Autos angemeldet. Eine blamable Bilanz.

Die Finanzspritze nutzt vor allem den Herstellern. Sie konnten immer größere E-Autos bauen, die ihnen hohe Renditen bescheren, und sie an Firmen und betuchte Privatkunden zum Listenpreis verkaufen; den Rabatt gewährte der Staat. Zugleich trieben die Hersteller die Preise lustvoll in die Höhe. 2023 kostete ein E-Auto im Durchschnitt 52.700 Euro, so das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach – 4000 Euro mehr als 2022. Insofern ist es richtig, die Prämie zurückzufahren.

Schaut man in Länder, wo die Kaufquote von E-Autos (inkl. Hybrid) schon sehr hoch ist, sind die Anreize ohnehin anders gelagert. Norwegen (Quote nahe 80 Prozent) machte Verbrennerfahren durch Steuererhöhungen sehr viel teurer. In den Niederlanden (über 50 Prozent) gibt es noch im letzten Dorf reichlich Ladestationen. Schweden (58 Prozent) subventioniert E-Autos nicht mehr, sondern baut lieber Parkhäuser, in denen jeder Parkplatz über einen Ladepunkt verfügt. In Österreich darf man mit E-Autos schneller fahren als mit Verbrennern. 

Aber nicht nur Politiker, auch die Autobauer müssen sich bewegen. Sie müssen günstige E-Autos bauen, die auch Normalverdienende bezahlen können. Die deutschen Marken tun sich noch schwer, aber der Druck wächst, vor allem von der chinesischen Konkurrenz.

Die Unternehmen zahlen die Plastikabgabe

Den meisten Bürgerinnen und Bürger dürfte das nicht bewusst sein: Seit 2021 zahlen alle Mitgliedsstaaten der EU eine Abgabe auf Plastik – 80 Cent pro Kilogramm nicht recyceltem Verpackungsabfall. Für Deutschland belief sich die Summe 2021 und 2022 auf je 1,4 Milliarden Euro. Woher genau die Länder das Geld nehmen, steht ihnen frei. Manche der Mitgliedsstaaten haben die Unternehmen, die Plastik in Umlauf bringen, dazu verpflichtet. Andere bezahlen aus Steuermitteln. Das war auch der bisherige Weg Deutschlands. Doch damit soll nun Schluss sein. Der Bund wolle die Abgabe künftig von den Unternehmen zahlen lassen, betonte der Sprecher des Kanzlers.

Die Kunststoffindustrie zeigt sich entsetzt und warnt vor einer Mehrbelastung von Wirtschaft und Verbrauchern. Unverständlich ist für die Branche, dass neben der Einweg-Kunststoff-Sonderabgabe, die ab 2024 eingeführt wird, nun noch eine weitere Abgabe auf Kunststoffverpackungen gezahlt werden soll. Dieser Aufschrei war erwartbar. Es ist wohl auch frommes Wunschdenken des Wirtschaftsministeriums, davon auszugehen, dass die Unternehmen die Kosten nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterreichen werden.

Doch selbst wenn diese am Ende mehr zahlen – der Weg scheint richtig. Der Anreiz steigt, Plastikmüll zu reduzieren. Übrigens: Überraschend kommt die Maßnahme dabei eigentlich nicht. SPD, Grüne und FDP hatten sie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt.

Der CO2-Preis steigt mehr als geplant

Eine gute Nachricht ist auch, dass 2024 die Preise für CO2 auf fossile Energie auch für Privatleute steigen – was schon die Große Koalition beschlossen hatte. Das heißt nichts anderes, als dass Verursacher von Klimagasen stärker zur Kasse gebeten werden. Pro Tonne CO2 werden dann 45 Euro fällig statt, wie bisher geplant, 40 Euro. Die fünf Euro werden Verbraucher spüren: an der Tankstelle, wo Benzin und Diesel mehr als vier Cent teurer werden könnten. Aber auch bei der Gas- und Ölrechnung, wo laut dem Mercator Research Institute MCC eine Kilowattstunde Gas um 0,4 Cent teurer wird, ein Liter Heizöl um 4,7 Cent.

Während vor allem die Grünen in der Vergangenheit die Energiewende lieber durch Subventionen vorantreiben wollten, fordern Ökonomen schon lange, als Lenkungsinstrument stärker das Verursacherprinzip einzusetzen: Wer dem Klima mehr schadet, sollte mehr zahlen, das ist die Idee. Für Unternehmen und Energieanbieter gilt diese Regel schon länger, sie müssen EU-weit Emissionszertifikate kaufen, um Klimagase ausstoßen zu dürfen. Ähnlich wird es künftig Verbrauchern ergehen – abgerechnet wird über den Produktpreis.

Viele Wirtschaftsexperten halten die CO2-Bepreisung für den besseren Weg, um die Klimaziele zu erreichen. Sie sei auf Dauer gerechter, effizienter und vor allem billiger für den Einzelnen. Auch Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, fordert, den Motor der Energiewende entsprechend umzubauen – schon weil er private Investitionen in eine nachhaltige Richtung lenke, Wärmepumpen oder Elektroautos ökonomisch erstrebenswert mache. 

Edenhofer verlangt dabei übrigens noch mehr Mut von der Regierung: Er hält einen CO2 Preis von 120 Euro bis 2030 für zielführend.

 

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