Björn bringt Flüchtlingen das Backen bei - und wird so zum Vorbild für ganze Region

15.04.2019 12:27

In Eberswalde ticken die Uhren noch anders. Hier grüßen sich die Einwohner, man kennt sich. Die Brandenburger Kleinstadt liegt zwar nur rund 50 Kilometer von Berlin entfernt, trotzdem trennen die 40.000-Einwohner-Stadt und die Millionenmetropole Welten. Ausländer sieht man in Eberswalde eher selten.

Außer in der Bäckerei von Björn Wiese. Acht Mitarbeiter mit Migrationshintergrund hat der 46 Jahre alte Bäckermeister in seinen drei Läden angestellt und zeigt damit einer ganzen Region, wie Integration von Flüchtlingen funktionieren kann.

Schlüsselmoment 2016

Die Idee hatte er 2016. Eine Zugfahrt von Leipzig nach Wurzen wurde für Wiese zu einem Schlüsselerlebnis. Damals saß er mit einem befreundeten Bäcker neben Dutzenden Pegida-Anhänger, die von einer Demo kamen, im Abteil. „Das war zur Hochzeitder Flüchtlingszuwanderung in Deutschland“, erzählt Wiese. „Die Menschen haben ihre Meinung über Flüchtlinge laut im Zug kundgetan.“ Er wollte etwas tun, hatte Angst, dass die Stimmung in seinem Heimatort kippen könnte.

Wiese beschloss, auf dem Markt in Eberswalde Menschen zusammenzubringen, sie an einen Tisch zu setzen. Er lud einen Syrer und einen Pakistaniein, die mit ihm gemeinsam Brot aus ihrer Heimat backen sollten. Ein Erfolg. Wiese stellte die beiden jungen Männer bei sich ein - öffnete seine Bäckerei für Flüchtlinge. „Das war der Start zu ganz viel mehr. Ich bin mit den Leuten in Kontakt gekommen und habe gesehen, was die Menschen bewegt und was sie brauchen“, sagt Wiese. Das war vor allem eine Perspektive.

Unsere wahren Helden

In der Serie "Unsere wahren Helden" stellen wir in 100 Porträts Menschen vor, die Deutschland weiterbringen. Wir besuchen sie in ihren Vereinen, ihrem Ort oder ihrem Stadtviertel – und zeigen, wie sie unsere Gesellschaft zum Besseren verändern.

Sprachliche Barrieren

Inzwischen arbeiten acht Mitarbeiter mit Migrationshintergrund als Auszubildende oder Festangestellte in der Bäckerei. Gerade für Firmen, die Schwierigkeiten hätten, gutes Personal zu finden, sei das eine gute Möglichkeit, erzählt Wiese. Auch er hatte Probleme, gute Mitarbeiter und Auszubildende für seine drei Läden zu finden.

Er vereinfachte viele Abläufe und stellte den Flüchtlingen auch immer einen Deutschen zur Seite. „Man muss sich da als Firma drauf einlassen, muss sie ein bisschen mehr an die Hand nehmen“, sagt der Bäcker. Das würde auch bedeuten, dass man mal bei Behördenbriefen hilft. Gleichzeitig könne jeder was einbringen. Im Café des Bäckers gibt es nun zum Beispiel auch Baba Ghanoush, eine orientalische Auberginencreme, zu essen.

Er stellte seinen Ausbildungssystem um. Vereinfachte viel, dokumentierte die Arbeit noch mehr, um die Flüchtlinge genau da abzuholen, wo sie sind. Drei Flüchtlinge machen nächstes Jahr ihren Abschluss. „Handwerklich wird das kein Problem, beim Backen kann man sich viel abschauen. Nur mit dem theoretischen Teil könnte es noch schwierig werden“, sagt der 46-Jährige. Daher organisierte er einen Sprachkurs für die Auszubildenden. Den absolvieren diese nun nach ihrer Schicht in der Bäckerei.

Vorbild für andere Unternehmer

Eine Erfolgsgeschichte, die nun auch andere Unternehmer in der Region neugierig macht. „Ich wurde schon mehrfach angerufen. Die Gespräche laufen immer gleich ab: Die Unternehmer fragen mich, wie das so läuft mit den Ausländern und wie ich sie kontaktiert habe“, sagt Wiese. Er habe schon einige Flüchtlinge an andere Unternehmen vermitteln können.

Ob es auch Probleme gebe? „Die möglichen Mitarbeiter machen zuerst ein Praktikum bei uns, damit wir sehen können, ob die Person zu uns passt. Das gilt für Deutsche, wie auch Personen mit Migrationshintergrund“, sagt Wiese. Besondere Probleme gebe es da nicht. „Klar, wir hatten auch mal zwei Jungs aus Eritrea, die nach der Einstiegsphase nicht mehr kamen. Aber das kann mit einem Deutschen genauso gehen.“

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