Die einen nennen es „Konsequenzen“, die anderen „stille Treppe“ oder „Auszeit“. Es gibt unendlich viele Namen und Ausdrucksweisen für das, was eigentlich damit gemeint ist: Strafen. Mit ihrer Hilfe soll das Kind lernen, sein eigenes Verhalten zu reflektieren, den Zusammenhang zwischen Fehlverhalten und Strafe zu erkennen und das schlechte Benehmen am besten auch sofort einzustellen.
Die moderne Erziehungswissenschaft zeigt allerdings, dass Strafen langfristig gesehen nichts bringen und dem Verhalten von Kindern sogar schaden. Eltern stecken heutzutage deshalb in einem ziemlichen Dilemma. Einerseits wollen sie ihre Kinder nicht bestrafen, indem sie sich an den neuesten Erkenntnissen orientieren, andererseits wollen sie schlechtes Benehmen und destruktives Verhalten nicht einfach so hinnehmen.
Eltern, die ihre Kinder dennoch häufig disziplinieren, wissen sich in Konfliktsituationen oft einfach nicht anders zu helfen. Sie wollen nur das Beste für ihr Kind und versuchen, es so zu unterstützen und auf das „wahre“ Leben vorzubereiten. Doch wie bringt man seinem Kind bei, sich anständig und sozial zu verhalten, ohne es bei Fehlverhalten zu bestrafen?
1.) Mach Pause und gehe zusammen mit deinem Kind aus der Situation.
Wenn du merkst, dass sowohl du als auch dein Kind mit einer Situation überfordert ist und die Lage womöglich eskaliert, dann verlasst sie gemeinsam. Anstatt „Du gehst sofort auf dein Zimmer!“ zu brüllen, kannst du sagen: „Komm her, wir setzen uns kurz zusammen da drüben hin!“ So gibst du dir, aber vor allem deinem Kind, die Chance, sich zu beruhigen, und kannst es dabei liebevoll begleiten. Diese Alternative funktioniert wie eine Stopptaste und gibt dir als Elternteil die Möglichkeit, neue Verbindungen zu schaffen und deinem Kind in seiner Wut die Nähe zu geben, die es braucht, um sich wieder zu entspannen.
2.) Mach dich schlau.
Wenn du bei der Kindererziehung nicht weiterweißt, begib dich in den Austausch mit anderen Eltern. Foren im Internet oder Gruppen in sozialen Netzwerken können dabei sehr hilfreich sein. Oder lies Bücher, Magazine oder Blogs, die sich mit den Themen der Erziehung und Entwicklung von Kindern befassen. Je mehr du über das Verhalten von Kindern weißt, desto besser kannst du verstehen, wieso es in der jeweiligen Situation zu einem Streit kommt. Zusätzlich ist es aber auch wichtig, mit seinem Kind zu reden, um seine Innenwelt zu kennen. Wissen ändert die Wahrnehmung der Dinge und es fällt dir leichter, die Bedürfnisse deines Kindes zu erkennen und ihm gegenüber eine wohlwollendere Haltung einzunehmen.
3.) Erkenne das zugrunde liegende Bedürfnis.
Provozierendem, trotzigem oder wütendem Verhalten bei Kindern liegt immer ein Bedürfnis zugrunde. Wenn du dieses Bedürfnis nicht auf den ersten Blick erkennst, solltest einen Moment lang innehalten. Geh am besten an jede Streitsituation mit dem Gedanken heran, dass dein Kind etwas braucht und durch sein Verhalten bezweckt, dass du hinschaust. So übst du Achtsamkeit und lernst auch gleich noch deine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen.
4.) Sucht gemeinsam nach Lösungen.
Eltern glauben häufig, sie müssten auf alles eine Antwort haben, aber diese Vorstellung ist utopisch und auch gar nicht notwendig. Gib gegenüber deinem Kind deshalb ruhig offen zu, dass du in manchen Situationen nicht weiterweißt, und sucht gemeinsam nach Lösungen. Du wirst überrascht sein, denn Kinder sind oft kompetenter, als ihre Eltern es vermuten würden. Außerdem kann diese Strategie helfen, da Menschen kooperationsbereiter sind, wenn sie am Entstehungs- und Entscheidungsprozess beteiligt waren.
5.) Rede in einer ruhigen Minute mit deinem Kind.
Wer schon einmal versucht hat, in einer emotionalen Diskussion mit einem anderen Erwachsenen auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, weiß, wie schwer oder fast unmöglich das ist. Denn selbst viele Erwachsene tun sich noch schwer mit der Impulskontrolle und reagieren unüberlegt, wenn ihre Gefühle sie übermannen. Dennoch verlangen sie aber von ihren Kindern, sich zu beherrschen. Lasse deinem Kind in solch einer Situation deshalb seinen Raum und gib ihm Zeit, sich zu beruhigen. Erst dann ist ein klärendes Gespräch wirklich sinnvoll.
6.) Biete Alternativen an und sei kreativ.
Wenn dein Kind etwas tut, was du als Elternteil – aus welchen Gründen auch immer – nicht möchtest, dann biete ihm Alternativen an, anstatt es zu bestrafen. Kindererziehung bedeutet oft, kreativ zu sein und umzudenken. Hüpft dein Kind z.B. wie wild mit seinen Schuhen auf dem Sofa herum, obwohl du den Bezug gerade erst gewaschen hast, dann mache doch den Vorschlag, dass es wenigstens die Schuhe auszieht oder gleich raus in den Garten auf das Trampolin umzieht, um die tollsten Sprünge zu vollführen.
7.) Gib dir und deinem Kind eine zweite Chance.
Wer noch zu stark in alten Gedankenmustern gefangen ist und wem es bei der Erziehung schwerfällt, sein Kind nicht sofort zu bestrafen, dem könnte ein kleiner Trick helfen. Gib dir selbst, aber auch deinem Kind eine zweite Chance. Jeder macht mal Fehler und vielleicht hilft der Gedanke ja dabei, nicht immer alles so eng zu sehen und auch mal fünfe gerade sein zu lassen. Sobald du also merkst, dass dein erster Impuls ist, dein Kind zu bestrafen, nimm dich kurz gedanklich zurück und gib ihm eine zweite Chance. Aber auch wenn du deinem Impuls nachgegeben und dein Kind schon auf sein Zimmer geschickt hast, kannst du um Entschuldigung bitten und die Strafe wieder auflösen.
Strafen haben in der Kindererziehung immer eine Wirkung, denn Kinder gehorchen ihren Eltern aus Angst und Hilflosigkeit. Doch das kann weitreichende Folgen haben und ihre Entwicklung nachhaltig negativ beeinflussen. Je mehr Alternativen du zur Bestrafung anwendest, desto besser wirst du darin, Konflikte mit deinem Kind auf Augenhöhe zu lösen. So wirst du lernen, hinter das Verhalten deines Kindes zu schauen und die eigentlichen Ursachen zu erkennen. Dein Kind spürt so, dass du dir Zeit nimmst und es lieb hast, auch wenn es mal Fehler macht. Denn die gehören zum Leben dazu und durch die Alternativen lernt es wichtige Lektionen für das spätere Erwachsenenleben, wenn Mama und Papa nicht mehr da sind, um z.B. Fernsehverbote auszusprechen.